Willkommen im Aktien-Spielkasino

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Marktupdate 45/2021

Markus Schön, Dienstag 16. November 2021

 

Inzwischen gilt – nicht nur bezogen auf Corona: Wenn China kränkelt, liegt die Weltwirtschaft im Krankenhaus. Diese Situation erleben wir derzeit. Sie spielt aber an den Kapitalmärkten keine Rolle. Der deutsche Leitindex DAX schaffte ein neues Allzeithoch. Die US-Indices litten faktisch lediglich unter Tesla. Auch wenn die renommierte Neue Züricher Zeitung uns wieder zu den „Tesla- Verschwörungstheoretiker“ zählen wird: Die durch die zunehmend starke Gewichtung entstehende „Monopolstellung“ eines einzelnen Wertes im US-Technologie-Index Nasdaq hat das Börsensegment insgesamt ins Minus gedrückt. Hier waren die Verkäufe des Tesla-Gründer Elon Musk ursächlich. Durch sein geschicktes Timing ist aber untergegangen, dass Tesla massive Absatzprobleme in China hat. Dies ist nicht auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten dort zurückzuführen, sondern resultiert aus dem geringen Interesse Chinas an der Tesla-Technologie. Daran wird auch die überraschende Übereinkunft mit den USA zu stärkeren Klimaschutzmaßnahmen nichts ändern. Ähnlich wie bei Elon Musk weiß man nie, ob dies ein Marketingmaßnahme ist, mit der in diesem Fall China von den Problemen u. a. im Immobiliensektor ablenken will. So sorgte eine Zinszahlung von dem stark kriselnden Immobilienkonzern Evergrande nicht für Beruhigung, nachdem ein zweiter Immobilienkonzern in schweres Fahrwasser geraten ist. Dies sollte für alle Immobilienanleger ein Warnhinweis sein – auch „vermeintliche Sachwerte“ gewinnen nicht immer an Wert. Schließlich kämpft der chinesische Immobiliensektor mit einer deutlichen Überbewertung. Nahezu zeitgleich funktioniert das chinesische Geschäftsmodell nur noch eingeschränkt: Durch die Probleme in den Lieferketten werden weniger Vorprodukte nachgefragt, während die Rohstoffpreise teilweise deutlich steigen.

 

Von diesen Preissteigerungen müssten die rohstoffnahen Volkswirtschaften und Währungen besonders profitieren. Bezogen auf Russland rücken hier allerdings geopolitische Spannungen in den Vordergrund, die aufgrund der damit verbundenen Risiken eine viel größere Aufmerksamkeit verdient hätten. Schließlich spitzt sich eine Situation an der Außengrenze der EU zu, die sehr schnell auch zu einer militärischen Konfrontation zwischen der NATO und der EU führen kann. Polen überlegt, eine NATO-Sondersitzung einzuberufen und fürchtet einen Angriff auf die Außengrenze zu Belarus, während der russische Präsident den „Wolf im Schafspelz“ gibt. Wladimir Putin bietet sich als Vermittler an und suggeriert so, Russland sein an der aktuellen Situation unbeteiligt. Dies ist natürlich nicht so, aber letztlich war es von EU und NATO naiv, Russland kleinzureden. Eine Partnerschaft wäre viel besser gewesen. Diese Chance wurde aber vertan und nun steigen die geopolitischen Risiken weltweit auf ein Niveau, das möglicherweise über die Spannungen des Kalten Krieges hinausgeht. Der moderate Abschlag beim Außenwert des Russischen Rubel ist entsprechend nachvollziehbar und fällt vielleicht zu gering aus, während die ausbleibende Reaktion an den Aktienmärkten weltweit überrascht. Es wird immer deutlicher – solange die Notenbanken so expansiv agieren, spielen konjunkturelle, systemische und geopolitische Risiken keine Rolle. In einer solchen Situation hat der Kapitalmarkt aber nichts mehr mit der Realwirtschaft zu tun, sondern verkommt zu einem Spielkasino. Dort ist es besonders leicht, mit dem Geld fremder Leute zu spielen, das man vielfach sogar zu Negativzinsen erhält und bei dem ungewisse Rendite- und Rückzahlungsversprechen für die Zukunft ausreichend erscheinen. Letztlich erklärt sich die Haltung an den Finanzmärkten durch die Annahme, alles sei besser als Straf- oder Negativzinsen zu akzeptieren. Völlig in Vergessenheit geraten ist allerdings, die mathematische Gewissheit, dass man bei einem 50%igen Verlust eine 100%ige Wertsteigerung benötigt, um wieder bei dem Ausgangswert zu sein. Schließlich gewinnt die Behauptung, Sachwerte werden am Ende immer profitieren, immer mehr an Beachtung. Wer in Wirecard oder diversen US-Technologiewerten bzw. chinesischen Aktien investiert war, wird die Erfahrung gemacht haben, dass Unternehmensbeteiligungen nur dann ein Sachwert sind, wenn Substanz vorhanden ist. Aber selbst die Substanz führt nicht zwangsläufig zu steigenden Kursen. Ein Handelsunternehmen wie Klöckner&Co, das hochrentabel und sehr zukunftsfähig aufgestellt ist, notiert weit unter seinen früheren Höchstkursen, obwohl sich der Rohstoffsektor nach der Corona-Pandemie dynamisch erholt hat und auch die vergangenen Handelstage in diesem Bereich sehr erfreulich verlaufen sind. Noch stärker konnten – zumindest auf Sicht der vergangenen Tage – die Edelmetalle profitieren. Mindestens bei Platin und Silber konnte man von einer kurzfristigen Rallye sprechen, während sich Gold nur moderat erholte.

 

Natürlich gehören Edelmetalle zu den Risikoabsicherungen in den Schön & Co Mandaten, haben jedoch teilweise in diesem Jahr die Wertentwicklung belastet. Dennoch erreichen viele unserer Kunden in Ihren Verwaltungen bei uns historische Höchststände. Dazu trägt – neben den dynamischen Bewegungen auf der Zinsseite – auch die Währungskomponente bei. So konnten viele Währungen gegenüber dem Euro hinzugewinnen und bieten teilweise deutlich höhere Zinsen. Insbesondere die Schwäche der europäischen Gemeinschaftswährung sollte zunehmend als Warnhinweis in Europa wahrgenommen werden. Wenn starke Volkswirtschaften wie Deutschland oder Österreich so schlecht durch die Pandemie kommen, wird dies wirtschaftlich nicht ohne Folgen für den gesamten Euroraum bleiben. Dies erhöht in der Folge den Druck auf die EZB, weiter expansiv agieren zu müssen.

 

Damit begrenzt die EZB natürlich auch die Spielräume anderer Notenbanken. Wenn diese eine völlig andere geldpolitische Ausrichtung verfolgen würden, würden die jeweiligen Währungen deutlich aufwerten. Dies würde in dem aktuellen Umfeld zu Wettbewerbsnachteilen führen. Daher ist von global weiterhin sehr niedrigen Zinsen auszugehen. Dies hilft Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, operativ Geld zu verdienen. Hierzu zählt weiterhin der „Autohersteller“ Tesla, der in den letzten Handelstagen 15% seines Wertes eingebüßt hatte. Durch die hohe Gewichtung hat der Wert den gesamten Nasdaq ins Minus gedrückt. Aber dies wird insgesamt ein zunehmendes Risiko an den Kapitalmärkten. So haben 8 Werte im Nasdaq 100 inzwischen ein Gewicht von mehr als 50%. Dies zeigt, wie unsinnig vielfach die Argumentation ist, Fonds oder ETF böten eine Risikostreuung.

 

Infektionszahlen und damit verbundenen Lockdown gewinnt die Währung mehr als 1,5%. Letztlich ist aktives Management der Anlagen der wesentliche Erfolgsfaktor. Ohne dies ließe sich im bislang historisch schlechtesten Anleihenjahr kein Geld verdienen. Zusammen mit einem aktiven Währungsmanagement lassen sich aber durch das aktive Agieren weiterhin gute Marktchancen realisieren. Spannend ist gerade im Währungssegment der Blick auf die kommenden Monate. Europa präsentiert sich – gerade in den wirtschaftsstarken Regionen – in der Pandemiebekämpfung sehr schwach. Entsprechend wichtig wäre es, wenn sich eine stabilere Situation ergeben würde. Andernfalls wird sich der Euro weiterhin schwach entwickeln, obwohl in anderen Weltregionen die Inflationsdaten deutlich schlechter ausfallen und damit die Währungsrisiken dort eigentlich größer wären. Aber selbst eine (temporär) über 6% liegende Inflation bremste in den vergangenen Tagen den Anstieg des US-Dollars nicht.

 

Natürlich ist damit die Hoffnung auf Zinserhöhungen in den USA verbunden. Aber die US-Währung gewann zum Euro über 1% im Wochenvergleich und erreichte – analog zu unseren Erwartungen – ein neues Jahreshoch 2021. Der Renditeanstieg von US-Anleihen fiel aber deutlich gebremster aus. Die Erholung einiger Industrie-rohstoffe ist aber ein Signal für einen anhaltenden Preisanstieg. Vor diesem Hintergrund verwundert der Zugewinn bei den Edelmetallen nicht. Besonders erfreulich ist der starke Anstieg der von uns favorisierten Edelmetalle Silber und Platin, wodurch letzteres auch auf Jahressicht 2021 wieder im Plus notiert. Neben dem weiteren Aufwärtspotenzial funktionieren die Edelmetalle aber eben auch als Risikoabsicherung, die insbesondere durch die geopolitischen Risiken dringend geboten ist. Daher werden nach unserer Einschätzung die Edelmetallpreise – ebenso wie die Preise für Energierohstoffe – weiter steigen, während die weiteren industriell benötigten Rohstoffe unter der zunehmenden Unsicherheit leiden werden.

 

Der Text ist unser sonntäglich erscheinendes Schön&Co-Marktupdate, für das Sie sich unter info@schoenco.de jederzeit kostenlos und unverbindlich anmelden können.