Trump – Präsident der alten USA

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Marktupdate 43/2020

Markus Schön, Dienstag 27. Oktober 2020

 

Das mit Spannung erwartete Fernsehduell zwischen Donald Trump und Joe Biden im Zuge des US-Präsidentschaftswahlkampf bot wenig Überraschungen. Erst ziemlich zum Ende konnte der US-Präsident von einem „Patzer“ seines Herausforderers etwas profitieren. Biden signalisierte seine Bereitschaft, die Gewinnung von Energierohstoffen in den USA stärker zu reglementieren. Dies würde zu einem großen Arbeitsplatzabbau führen. In der wirtschaftlichen Kompetenz wird ohnehin Donald Trump deutlich stärker als Joe Biden wahrgenommen. Insofern ist fraglich, ob dies ausreicht, um die Umfragewerte deutlich zu verändern. Hier wird Joe Biden vermutlich mit geringer werdendem Vorsprung bis zum Schluss führen, um dennoch die Wahl gegen Donald Trump zu verlieren. Vier weitere Jahre dieser Präsidentschaft werden die USA noch weiter spalten, für chaotische Verhältnisse sorgen und vor allem die Verschuldung nach oben treiben. Vermutlich wird Trump gegen demokratische Mehrheiten im US-Kongress und US-Senat regieren müssen. Dies wird ihn aber nicht davon abhalten, die Verschuldung der USA immer weiter zu erhöhen. Schließlich basiert „sein Wirtschaftswunder“ auf günstigen Zinsen und immer weiter steigenden Schulden. Zumindest dort bleibt er seiner – aus seinen geschäftlichen Aktivitäten – bekannten Linie konsequent treu.

 

Die Geschichte des erfolgreichen Geschäftsmanns ist einer der Gründe, weshalb er im Amt ist und aus unserer Sicht auch bleiben wird. Sein desaströser Umgang mit der Corona-Pandemie wird von seinen Anhängern nicht wirklich wahrgenommen. Dabei ist dort – anders als in Europa – nicht einmal die erste Welle zu Ende, während die Infektionszahlen dramatisch ansteigen. Jetzt machen viele Marktteilnehmer den Fehler, wieder nur geringe wirtschaftliche Auswirkungen zu erwarten. Schließlich sind die Weltwirtschaft und gerade auch Deutschland erstaunlich gut durch die Krise gekommen. Bei einem zweiten „Lockdown“ muss die Entwicklung nicht genauso sein, zumal viel von China abhängt. Dort wird die Sonderkonjunktur mit dem Export von medizinsicher Schutzausrüstung und staatlichen Investitionen nicht ewig weitergehen. Mit Ausnahme des Luxussegments liegt der chinesische Konsum unter dem Vor-Corona-Niveau. Umso sorgsamer sollte man den Ausbruch im Westen Chinas beobachtet werden. Rund 100 Neuinfektionen klingen recht wenig. Es ist aber der stärkste Ausbruch in China seit mehr als sechs Monaten – wenn man den offiziellen Zahlen dort glauben will. Unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Vorsicht sollte man sich auf eine weltweit relativ stark ausgeprägte zweite Corona-Welle einstellen. Zwar scheint glücklicherweise die Sterblichkeit deutlich unter den Befürchtungen zu Beginn der Pandemie liegen. Die Unsicherheit ist aber groß und wird ein Belastungsfaktor der Realwirtschaft bleiben. Dies merkt man auch an der Dominanz der Corona-Berichterstattung. Die Wirren um ein Folgeabkommen zum Brexit zwischen EU und Großbritannien gehen ebenso unter wie der Abschluss eines Handelsabkommens zwischen Japan und eben Großbritannien. Man wundert sich immer wieder, welche bilateralen Vereinbarungen möglich sind, ohne dass multilaterale Abkommen geregelt sind. Ein Stück weit zieht Boris Johnson die EU „am Nasenring durch die Manege“. Dabei müssten gerade in dem aktuellen Umfeld Grenzen gesetzt werden. Schließlich wird ein möglicherweise wiedergewählter Donald Trump international noch robuster als in der Vergangenheit auftreten und Boris Johnson muss die Konsequenzen des von ihm forcierten Brexit spüren. Maßstab der europäischen Wirtschaftspolitik kann nicht sein, möglichst alle Entscheidungen zu vermeiden, die für andere schwierig werden könnten.

 

Großbritannien wollte die EU verlassen. Dann kann man auf die daraus resultierenden Folgen nur begrenzt Rücksicht nehmen. Mit einer wahrscheinlichen, weiteren Zwischenlösung kommt Europa nicht vorwärts. Aber jetzt gerade muss sich die EU krisenfester machen. Wieder einmal soll die EZB mit neuen geldpolitischen Maßnahmen als „Retter in der Not“ agieren, aber irgendwann muss dies – ebenso wie in den USA – zumindest theoretisch jemand bezahlen können. Wenn der Glaube an die Rückzahlungsfähigkeit von staatlichen Verbindlichkeiten in der Breite verloren geht, droht dem Finanzsystem der vollständige Kontrollverlust. Davon sind wir weit entfernt, wie die rekordhohe Nachfrage an nachhaltigen Anleihen in der letzten Woche zeigte.

 

Mit 233 Mrd. Euro war die Nachfrage nach Anleihen im Euroraum bei lediglich 17 Mrd. Euro Zeichnungsvolumen zu niedrigsten Zinsen nie höher. Es ist soviel Geld an den Kapitalmärkten vorhanden, dass wirklich nahezu jeder „Quatsch“ Käufer findet und Anbieter ohne eigenes Research am Markt bestehen können. In einem solchen Umfeld haben unternehmerische Fehlentscheidungen weit weniger Konsequenzen als zu „normalen“ Zeiten. So stieg die Aktie des Sportartikelherstellers Adidas, nachdem Überlegungen bekannt wurden, die US-Tochtergesellschaft Reebok zu verkaufen, deren Übernahme vor einigen Jahren die Börse noch „gefeiert“ hatte. Erst rückblickend waren viele Analysten zu der Erkenntnis eines teuren Fehlkaufs gekommen. Aber natürlich musste die Kreditinstitute, die die Transaktion begleitet hatten, die Chancen der damaligen Übernahme betonen, so wie sie jetzt die Klugheit der Verkaufsüberlegungen betonen. Dies zeigt, wie wichtig bankenunabhängiges Research tatsächlich ist. Dies zeigt auch die aktuelle Berichtssaison, in der sich viele Bankanalysen als reine „Trendfolgemodelle“ darstellen.

 

Schließlich erodiert das Geschäftsmodell vieler Banken und Sparkassen in einer undenkbaren Geschwindigkeit. Gerade Europa ist hier gegenüber den weiter stark im Investment-Banking tätigen US-Kreditinstituten unter Druck. Dort hilft natürlich, dass der US-Dollar die Weltleitwährung ist, die aber unter den Sorgen eines unklaren Wahlausgangs leidet. Politische Unsicherheiten sind fast immer Gift für stabile Kursentwicklungen. Deswegen hat der US-Dollar über 1% im Wochenvergleich verloren und so beinahe den Wochengewinn bei dem von uns favorisierten Silber aufgezehrt. Das industriell benötigte Edelmetall konnte jedoch im Vergleich zum Gold hinzugewinnen und hat sich mit 40% Wertzuwachs sehr erfreulich entwickelt. In dem Umfeld etwas überraschend war die positive Entwicklung der rohstoffnahen Währungen.

 

Der Anstieg des Russischen Rubel und der Norwegischen Krone resultiert vor allem aus dem nur moderaten Rückgang des Ölpreises. Nach den schlechteren Daten zum Konsumklima in Deutschland, aber auch anderen Weltregionen wäre hier ein stärkerer Rückgang denkbar gewesen. Die Entwicklung der Energierohstoffpreise deutet aber auf eine Fortsetzung der deflationären Tendenzen – mindestens in Eurozone, wahrscheinlich aber auch in Deutschland und möglicherweise auch den USA. Dies kann neben den konjunkturellen Risiken auch zu einer Belastung der industriell benötigten Rohstoffe werden. Gold profitiert schon seit längerem nicht mehr von den niedrigen Zinsen und der Unsicherheit. Wenn nun aber der Wert der Liquidität durch sinkende Preise für Verbrauchsgüter steigt, könnte dies auch die Industriemetalle wie Kupfer belasten, das derzeit von der Nachfrage aus China profitiert und seit Jahresanfang 2020 fast 12% im Plus ist. Zusammen mit der Unsicherheit zur weiteren Geschwindigkeit der globalen Pandemie-Entwicklung und den deflationären Tendenzen sehen wir Silber und Platin als Krisenschutz weiterhin sehr gut geeignet, rechnen aber auch hier mit stärkeren Schwankungen, die man aktiv nutzen kann.

 

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