Reichtum steigt trotz Unsicherheit

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Marktupdate 41/2020

Markus Schön, Dienstag 13. Oktober 2020

 

Spätestens seit der Finanzkrise im Jahr 2008 waren manche Reaktionen an den Kapitalmärkten nicht nachvollziehbar. So wurden schlechte Konjunkturdaten oft positiv bewertet, weil damit dann vielfach zusätzliche geldpolitische Maßnahmen der Notenbanken verbunden waren. Nun scheint diese zynische Haltung auch auf die Corona-Infektionen überzugreifen. Die gerade in Europa steigenden Werte belasten die Aktienmärkte nicht; sie sorgen eher für ein freundliches Umfeld, weil man immer häufiger – gerade von US-Investmentbanken – hören kann, dass so Konjunkturhilfen großzügiger und die Geldpolitik noch expansiver ausfallen könnten. Schließlich will die Politik Insolvenzen um nahezu jeden Preis verhindern und die Notenbanken werden alle Instrumente nutzen, um die jeweiligen Staaten zu stützen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund spricht sich die Weltbank für ein Schulden-Moratorium für die ärmsten Staaten der Welt aus. So sinnvoll dieser Schritt ist, es gilt dennoch weiterhin: Das Vermögen des Einen, sind die Schulden des Anderen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass die Hochvermögenden derzeit vielfach die wirtschaftlichen Gewinner der Krise sind. So haben knapp 2.200 Milliardäre ein Nettovermögen von 8,7 Billionen Euro. Das entspricht der 2,5-fachen Wirtschaftsleistung Deutschlands. Dieses Vermögen steigt dynamisch, obwohl die globale Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 4,4% zurückgehen wird. Im Jahr 2021 rechnen viele Analysten mit einem Wachstum von rund 3%, so dass erst 2022 das Niveau vor der Corona-Krise erreicht sein dürfte. In vielen Branchen und Regionen sieht es noch viel schlimmer aus. Während sich beispielsweise Deutschland auf eher leicht geringer als erwartete Rückgänge der Wirtschaftsleistung einstellt, hat Spanien gerade seine Wirtschaftsprognose weiter gesenkt. Statt einem Rückgang von 9,2% in diesem Jahr wird die spanische Wirtschaft voraussichtlich um 11,2% schrumpfen. Mindestens ähnliche Zahlen sind für Frankreich als zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone zu erwarten. Aber auch Großbritannien steht vor einem noch stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung als erwartet.

 

Dort macht sich natürlich auch das fehlende Anschlussabkommen zum Brexit mit der EU bemerkbar, aber vor allem ist es auf die – ebenso wie in Frankreich und Spanien – stark steigenden Infektionszahlen zurückzuführen. Die realwirtschaftlichen Folgen sind deutlich spürbar, während sich die Finanzmärkte – wieder einmal – deutlich von den realen Geschehnissen entkoppeln. Erst wenn sich wirklich greifbar werden, reagieren auch die Märkte. Spürbar wurde es bei dem Kino-Betreiber Cineworld, der in Großbritannien und den USA 600 Kinos schließt und 45.000 Menschen entlässt. Die Aktie fiel auf ein Allzeittief. In weniger als 1 ½ Jahren hat sie mehr als 90% an Wert eingebüßt. Die mittelbaren Schäden werden hierbei vielfach nicht wahrgenommen. So sind die Immobilien, in denen sich die Kinos befinden, oft als (geschlossene) Immobilienfonds vermarktet worden, die dann häufig Privatanleger gekauft haben, um „sicher“ in eine Immobilie zu investieren. Dieses Geld ist für die Anleger vielfach weg und hat oft wenig seriöse Finanzberater und Fondsgesellschaften reich gemacht. Ähnliche Gefahren lauern für Anleger auch in Hotelimmobilien, bei denen gerade in innenstädtischen Metropollagen hohe Insolvenzrisiken bestehen, weil vor allem Geschäftsreisen und Städtereisen aus dem Ausland signifikant unter dem Vor-Krisen-Niveau bleiben. Hier ist eine große Insolvenzwelle zu erwarten, in deren Folge dann auch vereinzelt Top-Immobilien unter Druck geraten könnten. Schließlich rechnet der deutsche Einzelhandel auch nur aufgrund der starken online-Umsätze – etwas überraschend – mit einem Rekordjahr 2020.

 

Von dem Boom im online-Handel profitieren neben Amazon, Ebay und Alibaba vor allem Logistikunternehmen wie die Deutsche Post, die für das Geschäftsjahr 2020 ihre Umsatz- und Ergebnisprognose erhöhte. Dies nützt den bei uns positiv bewerteten Anleihen und der Aktie, was wiederum Deutschland als Großaktionär des Logistikkonzerns hilft. Solche positiven Nachrichten sind auch notwendig, weil sich Deutschland im Zuge der Corona-Pandemie immer stärker verschuldet und auch die Subventionen in diesem Jahr mit ca. 206 Mrd. Euro einen Rekordwert erreichen werden. Vor diesem Hintergrund ist es positiv, dass sich der Präsident der Deutsche Bundesbank gegen weitere Hilfsmaßnahmen ausgesprochen hat.

 

Eine solch realistische Beurteilung der wirtschaftlichen Lage würde dem US-Präsidenten Donald Trump nie einfallen. Zwar hatte er zunächst für fallende Aktienkurse gesorgt, als er die Verhandlungen über ein neues US-Hilfspaket für gescheitert erklärte. Damit war ihm zum einen die volle Aufmerksamkeit für seine außergewöhnlich schnelle Rückkehr ins Weiße Haus nach seiner Corona-Infektion sicher; zum anderen verfolgte er das Ziel, ein Konjunkturpaket durchzusetzen, dass ihm bei seiner Wiederwahl helfen sollte. Sein zum Ende der hinter uns liegenden Handelswoche eingebrachter Vorschlag zielt vor allem darauf ab, ihm möglichst viel Geld für wirtschaftliche Impulse zur Verfügung zu stellen, über die er frei entscheiden kann. Die Ablehnung seines Vorschlags wird er wahrscheinlich – ebenso wie die Absage des 2. TV-Duells mit seinem Herausforderer Joe Biden – nutzen, um für sich Wahlkampf zu machen. Es ist offensichtlich, dass Trump eine Strategie verfolgt. So lassen sich auch die zu diesem Zeitpunkt überraschenden Hilfen für die Fluggesellschaften erklären: Trump macht das Nötigste für die Wirtschaft.

 

So kann er mit dem Plan glänzen, in einer zweiten Amtszeit wieder für „boomende USA“ zu sorgen. Jetzt wird er aus seiner Sicht durch die US-Demokraten gehindert. Ob dieser Plan aufgeht, wird sich am Wahltag zeigen. So unwahrscheinlich wie häufig dargestellt ist aus unserer Sicht ein Wahlsieg Trumps nicht. Dem entgegen steht eine Theorie zur Erholung des Mexikanischen Peso, der in der letzten Woche fast 2% an Wert hinzugewonnen hatte: Joe Biden steht für einen „weicheren“ Umgang mit Mexiko, was der dortigen Wirtschaft helfen würde. So gewinnt der Mexikanische Peso jetzt hinzu. Dies sollte man aber nicht überbewerten. Schließlich war schon vor vier Jahren die Währung als Indikator für eine Wahlsieg von Hillary Clinton falsch. Aus unserer Sicht profitiert der Mexikanische Peso von den steigenden Rohstoffpreisen und der bis zum Jahr 2045 erwartet hohen Nachfrage nach fossilen Brennstoffen. Dies erklärt auch, weshalb der Russische Rubel knapp 1% steigt. Beide Währungen sind – ebenso wie der Australische Dollar – als Diversifikation gut geeignet und bieten teilweise sehr attraktive Renditen. Es ist auch hier wesentlich, auf erstklassige Emittenten zu setzen, die über ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit geringer Verschuldung verfügen.

 

Schließlich ist – trotz der relativen Entspannung an den Aktienmärkten – die Krise noch lange nicht zu Ende. Davon können auch die industriell benötigten Rohstoffe profitieren. Neben Silber, das in der hinter uns liegenden Handelswoche fast 5% gestiegen ist und sich damit seit Jahresanfang 2020 beinahe 50% besser als Gold entwickelt hat, gilt dies vor allem für Kupfer, das seit Jahresanfang über 10% hinzugewonnen hat, obwohl die Weltwirtschaft in diesem Jahr deutlich schrumpfen wird. Aber ähnlich wie an den Aktienmärkten wird im Rohstoffsektor eine starke Erholung eingepreist, die realwirtschaftlich so zumindest nicht deutlich zu erkennen ist. Auch hier wird der weitere Umgang mit der Pandemie ein wichtiger Faktor sein.

 

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