Facebook down – Milliarden Menschen ohne Kontakte?

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Marktupdate 40/2021

Markus Schön, Dienstag 12. Oktober 2021

 

Die hinter uns liegende Handelswoche erinnert etwas an die spektakulären Handelswochen vor der weltweiten Finanzkrise 2008, die Euro-Schuldenkrise 2010 und die Herabstufung der USBonität im Jahr 2011. Zwischenzeitlich waren alle Anlageformen deutlich unter Druck. Die deutschen Staatsanleihen setzen ihr schlechtestes Jahr seit Beginn der Erhebungen fort; der DAX fiel teilweise unter die Marke von 15.000 Punkten; bei den USTechnologiewerten kam es zwischendurch zu Situationen, die einem „Ausverkauf“ ähnlich waren und die Edelmetalle büßten auch (weiter) an Wert ein. Auslöser für diese Abwärtsbewegung waren die Sorgen um den chinesischen Immobilienmarkt. Hier deuten sich Ansteckungseffekte an, weil die Kreditstrukturen bei Evergrande nicht so transparent – wie von vielen Analysten dargestellt – sind und die staatliche Lenkung dazu führen kann, dass Vermögenswerte von anderen Anbietern zu unangemessen hohen Preisen übernommen werden müssen. Schließlich ist Evergrande ja nicht an überbordenden unternehmerischen Erfolg gescheitert. Entsprechend sind die dortigen Verkaufserfolge von Unternehmensanteilen kritisch zu bewerten, haben aber sicherlich zur Beruhigung beigetragen. Noch wesentlich kritischer wird an den internationalen Kapitalmärkten der Rohstoffsektor wahrgenommen. Steigende Preise einerseits und zu geringe Liefermengen sorgen für eine Nervosität, die den Vergleich mit den Krisenjahren 2008, 2010 und 2011 als durchaus gerechtfertigt erscheinen lassen. Der schon in der Vorwoche auf Großbritannien geworfene Blick machte auch in den vergangenen Tagen deutlich, wie dramatisch die Folgen für produzierende Unternehmen sein können. Zudem sorgte der Ausfall von den sozialen Netzwerken des Facebook-Konzerns für neue Unsicherheit an den Märkten.

 

Schließlich waren Facebook, Instagram und WhatsApp mehrere Stunden nicht erreichbar. Auch in der Folge kam es zu weiteren, allerdings kleineren Ausfällen. Es soll sich bei dem Ausfall nicht um einen Cyberangriff oder Sabotage gehandelt haben. Allerdings erscheint letzteres wahrscheinlicher als ein technisches Problem bei der Wartung der Server. Seltsam mutete auch an, dass die Domain facebook.com angeblich kurze Zeit zum Verkauf angeboten wurde. Spätestens seit unserem zusätzlichen „Schön & Co Projekt“ www.buero.de wissen wir, wie wertvoll Domains sein können und wie gut sie geschützt werden sollten. Unabhängig von dem Grund des Ausfalls der Facebook-Dienste machte dies die Abhängigkeit im social-media-Bereich deutlich. Das Unternehmen verwaltet 6,2 Mrd. Nutzerkonten und erreicht vermutlich mit 3,5 Mrd. Menschen fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Damit ist der Konzern – ähnlich wie bei Suchmaschinen die Google-Mutter Alphabet – faktisch ein globaler Monopolist. Die politischen Bemühungen, die Macht zu begrenzen, könnten daher zu spät kommen. Dies zeigen auch Initiativen wie von Google, keine Werbung mehr auf Webseiten zuzulassen, die Zweifel am menschengemachten Klimawandel haben. So gut und richtig es gemeint sein mag, so gefährlich ist es, wenn ein Quasi-Monopolist Denkrichtungen vorgibt. Demokratie und Fortschritt bedingen den Diskurs. Wenn alle dasselbe denken, gibt es keinen Fortschritt und keine Veränderung mehr. Dies wäre für die Entwicklung der Weltwirtschaft dramatisch und stellt vielleicht die größte Bedrohung dar, der die Weltgemeinschaft global zu begegnen hat. Diese Gefahr wird an den Kapitalmärkten kaum wahrgenommen, weil es so viele andere Risiken gibt, die unterschiedlich stark wahrgenommen werden. So hat zur Marktberuhigung vor allem die Entscheidung Russlands beigetragen, die Gasproduktion zu erhöhen. Am Ende wird sich die umstrittene Gaspipeline Nordstream II als Garant der Versorgungssicherheit für Europa herausstellen. Dennoch wird Russland weiterhin sehr kritisch gesehen, während derzeit größere Sorgen bezogen auf China angebracht wären. Neben dem wankenden Immobiliensektor hat die chinesische Regierung wieder klare territoriale Ansprüche auf Taiwan gestellt und eine friedliche Wiedervereinigung gefordert. Der „Subtext“, man könne die Wiedervereinigung anders herbeiführen, ist viel zu wenig beachtet worden. Aber die Aussage war klar: Taiwan wird ein Teil Chinas werden – freiwillig oder mit militärischem Druck. Damit könnte sich die handelspolitisch konfrontative Haltung zwischen China und den USA, die sich mit Joe Biden nicht entspannt, auch geopolitisch zuspitzen. Je länger die etablierten Industrienationen mit der Corona-Pandemie zu kämpfen haben, umso unverhohlener macht China den Anspruch auf die globale Führungsrolle geltend. Europa spielt dabei derzeit keine Rolle. Nach der Wahl in Deutschland wird es noch dauern, bis sich eine Regierung bildet und deren Ziele klarer sind; aber mit Österreich ist ein weiteres bonitätsstarkes Land – aus völlig anderen Gründen – trotz des Wechsels weniger handlungsfähig.

 

Trotz des Rücktritts des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz und der Nachfolge durch den bisherigen Außenminister ist ein weiterer EU-Staat „angeschlagen“. Noch stärker gilt dies für Polen, dessen Verfassung nun künftig wieder wichtiger als die EU-Gesetzgebung sein soll und Ungarn, das ohnehin immer gegen die EU wettert. In diesem Umfeld hält sich der Euro noch ganz ordentlich, aber die europäischen Zinsen folgen dem globalen Trend, in Maßen zu steigen. Bislang verhallen die Rufe unterschiedlicher EZB-Vertreter, an der expansiven Geldpolitik festhalten zu wollen, nahezu ungehört. Angeführt von deutschen Bundesanleihen erleben als sicher eingestufte Staatsanleihen das schlechteste Jahr seit Beginn der entsprechenden Aufzeichnungen. Langlaufende Staatsanleihen haben in diesem Jahr teilweise 15% ihres Wertes verloren. Das niedrige Zinsniveau bietet dort keine Kompensationsmöglichkeit.

 

Aber die letzten Wochen haben gezeigt, dass Aktien kein Allheilmittel sind. Die Anlagevehikel der größten Aktienanleger in Deutschland haben zwischen 2% und 3,5% in wenigen Wochen an Wert verloren. Das Minus vom Höchststand liegt teilweise bei 6 bis 10%. Wer kontinuierliche Erträge favorisiert, muss weiterhin breiter diversifizieren. Selbst die – aus unserer Sicht zwar interessante, aber auch fragwürdige – Theorie, US-Technologie-aktien steigen immer im Wert muss nun als widerlegt gelten. Neben der extremen Abhängigkeit vom Zinsniveau – steigende Renditen, fallende Aktienkurse – zeigte auch der Ausfall bei Facebook, wie groß die Risiken werden können. Das Minus von knapp 15% bedeutete eine Kapitalvernichtung von 120 Mrd. Euro. So viel sind BASF, Bayer und Continental insgesamt wert.

 

Infektionszahlen und damit verbundenen Lockdown gewinnt die Währung mehr als 1,5%. Mit Blick auf das politische Umfeld in Europa waren die Rückgänge der europäischen Gemeinschaftswährung noch verkraftbar. Gegenüber dem Mexikanischen Peso konnte der Euro trotz eines deutlichen Anstiegs sogar hinzugewinnen. Sonst war aber mehr Rendite und/ oder mehr Sicherheit gefragt. Von letzterem profitieren der US-Dollar und insbesondere der Schweizer Franken. Aber insbesondere auf Jahressicht 2021 ist der Anstieg des von uns favorisierten Russischen Rubel beeindruckend. Nach dem Anstieg in der hinter uns liegenden Handelswoche um knapp 1,5% liegt die russische Währung in diesem Jahr fast 10% im Plus. Zusammen mit dem deutlich höheren Zinsniveau liegen entsprechende Fremdwährungsanleihen bei geringeren Schwankungen bei vergleichbaren Wertzuwächsen wie Aktien. Dies zeigt, dass am Ende Substanz und Finanzstärke wesentliche Faktoren für den Anlageerfolg darstellen.

 

Natürlich hilft bei der sehr starken Entwicklung des Russischen Rubel auch der starke Anstieg bei den Energierohstoffen, der – insbesondere bezogen auf Gas – immer mehr ein Hemmnis für weiteres Wirtschaftswachstum wird. Es ist vielfach keine Preisnormalisierung nach der Corona-Krise; es ist eine Marktübertreibung, die sich bei anderen Rohstoffen nicht so zeigt. Gerade die Edelmetalle erleben ein besonders schwankungs-intensives und schwaches Jahr. Gerade das von uns favorisierte Silber weist mit einem Jahresminus von 14% eine Schwäche auf, die fundamental nicht zu erklären ist. Aber auch Gold ist deutlich im Minus, während Platin nach einer starken Entwicklung in den vergangenen Tagen zumindest fast an einer Seitwärtsbewegung auf Jahressicht 2021 „kratzt“.

 

Der Text ist unser sonntäglich erscheinendes Schön&Co-Marktupdate, für das Sie sich unter info@schoenco.de jederzeit kostenlos und unverbindlich anmelden können.