Apple – fast so wertvoll wie die Wirtschaftsleistung Deutschlands

Apple

Marktupdate 34/2020

Markus Schön, Dienstag 25. August 2020

 

Trotz der Corona-Pandemie eilt die US-Technologiebörse Nasdaq von Rekord zu Rekord. Es gibt die widersprüchliche Situation wieder, die sich insgesamt zeigt. Der Corona-Virus wird weniger stark wahrgenommen, die Auswirkungen bestimmen aber das Börsengeschehen. So verliert die wirtschaftliche Entwicklung schon wieder an Schwung, weil die Diskussionen um eine verschärfte Maskenpflicht, Reise-warnungen u. ä. eine generellen Verunsicherung nach sich ziehen. So wird der Ernst der Lage deutlich, wenn man die aktuell in Deutschland herrschende Kurzarbeit auf eine mögliche Arbeitslosigkeit umrechnet. Dann läge man bei einer Arbeitslosigkeit von fast 13%, was der höchste Stand seit dem 2. Weltkrieg wäre. In den USA liegt die Zahl der Großinsolvenzen schon jetzt über dem Wert während der Finanzkrise 2008/ 2009, obwohl die Geldpolitik nochmals wesentlich expansiver geworden ist. Dies erklärt auch die hohen Kurse insbesondere bei den US-Technologieaktien, die immer stärkere Gewinnung in den US-Indices erhalten. Dort hat Apple als erstes Unternehmen die Marke von 2 Billionen US-Dollar hinsichtlich der Marktkapitalisierung übertroffen. Die Steigerung des Marktwerts von Apple pro Tag beträgt mit 50 Mrd. US-Dollar so viel wie größere DAX-Konzerne wie Bayer oder BASF an Gesamtwert aufweisen.

 

Inwieweit dies noch etwas mit der Realität zu tun hat, kann man bezweifeln. Bei den Aktien, die die Erholung an den Kapitalmärkten tragen, bewegt man sich fast ausschließlich in Kurs-Gewinn-Verhältnissen im dreistelligen Bereich. Die Rendite aus Anlegersicht liegt somit vielfach unter 1% und rechtfertigt damit das eingegangene unternehmerische Risiko nicht. Schließlich gelten als eine weitere Folge der Corona-Krise 40% aller Kredite global als ausfallgefährdet. Wenn es zu solchen Entwicklungen käme, wäre der Schaden auf der Aktienseite noch wesentlich größer. Wie nah diese Gefahren sind, zeigen auch Daten der deutschen Sparkassen, die ihre Kreditrisikovorsorge allein im 1. Halbjahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2019 verdreifacht haben. Es ist umso erschreckender, weil die Politik versucht, alle Corona-Risiken zeitlich so weit zu strecken, dass die Folgen möglichst gering bleiben. Wie wenig Vertrauen aber besteht, zeigen auch die Reaktionen auf die US-Notenbank. Die verhaltenen Aussagen mit der eher schleppenden Erholung der US-Wirtschaft hatten die Hoffnung auf noch expansivere geldpolitische Maßnahmen genährt. Mit der Beibehaltung verlor der US-Leitindex Dow Jones moderat an Wert und der US-Dollar konnte wieder hinzugewinnen. Ebenfalls profitierte das von uns favorisierte Silber, während Gold verlor. Hier schlug die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung die Sorge um die Finanzstabilität. Dies gibt Hoffnung auf eine Normalisierung, da die US-Notenbank einerseits derzeit keine weiteren Hilfen für die wirtschaftliche Erholung für nötig erachtet, andererseits damit aber nicht noch mehr Geld gedruckt wird, um die Wirtschaft zu retten. Damit wird der Wert des Geldes nicht noch weiter geschmälert. Allerdings ist dies nur eine Momentaufnahme. Zusätzlicher Druck geht gerade in den USA von der Politik aus, da die Nominierung Joe Bidens als Herausforderer Donald Trumps eine neue Stufe im US-Präsidentschaftswahlkampf einleiten wird. Dies erklärt auch zwei wesentliche Entscheidungen des US-Präsidenten, der derzeit den Handelskonflikt mit China nicht lösen will und die Wiedereinsetzung sämtlicher internationalen Sanktionen gegen den Iran fordert. Wenn er schon keine Krisenstrategie gegen den Corona-Virus hat, weicht er auf den kleinsten gemeinsamen Nenner aus: Die USA müssen gegen China und den Nahen Osten zusammenstehen.

 

Diese Ausrichtung auf den Feind von außen ist gefährlich. Trump isoliert die USA immer weiter und kann vor allem dabei für sich nutzen, dass die Corona-Krise weltweit die Außenpolitik bremst. Dies trägt dazu bei, dass ein „harter Brexit“ am Jahresende 2020 immer wahrscheinlicher wird. Die Rekordverschuldung in Großbritannien, den USA und vielen anderen Staaten spielt keine Rolle. Sie erscheint in Corona-Zeiten „alternativlos“, zumal die Notenbanken weltweit für niedrige Zinsen sorgen und das Zinsniveau eher weiter fallen als steigen wird.

 

Immer mehr Schulden, immer mehr Kreditrisiken, eine schleppend verlaufende Erholung und immer niedrigere Zinsen sind eigentlich ein Giftcocktail, der zu äußerster Vorsicht führen müsste. Tatsächlich läuft aber insbesondere in den USA eine Rallye bei Technologiewerten, die stark an die dotcom-Blase der Jahrtausendwende erinnert. Derzeit wird aber an den Aktienmärkten die Gefahr nicht gesehen. Der Crash dort wird entsprechend heftig ausfallen. Falls dieser in eine Phase fällt, in der die Corona-Infektionen überall steigen, weder Impfstoff noch Medikament zur Verfügung stehen, dürfte auch dem letzten Anleger klar werden, dass wir tatsächlich in der schlimmsten Krise seit dem 2. Weltkrieg agieren. Entsprechend ist jetzt nicht die Zeit, Aktienanlagen aufzustocken, sondern vielmehr moderat Risiken zu reduzieren. Der Optimismus einer schnellen und dauerhaften Konjunkturerholung ist bei vielen Werten ebenso wie eine extrem expansive Geldpolitik eingepreist. Wenn es anders kommt, werden viele Anleger ihre Buchgewinne zu realisieren versuchen.

 

Wenn dann alle durch die „Verkaufstür“ wollen, wird es nicht nur eng, sondern vor allem fallen die Preise schnell und stark. Die Notenbanken werden dann kaum noch expansiver agieren, „nur“ um Kursverluste bei Aktien zu begrenzen. Daher sollte man überkaufte Aktienwerte meiden und – je nach Risikoneigung – unterbewertete Fremdwährungen beimischen. Je nach weiterer Geldpolitik zählt hierzu der US-Dollar, aber vor allem die rohstoffnahen Währungen und hier neben dem Mexikanischen Peso vor allem der Russische Rubel. Die Währung ist unter Druck, weil man die Risiken einer Intervention in Weißrussland fürchtet und international davon ausgegangen wird, dass der Putin-Kritiker Nawalny vergiftet worden ist und diese Tat von der russischen Regierung angeordnet wurde.

 

Solche Reaktionen an den Kapitalmärkten zeigen, wie angespannt die Lage weltweit tatsächlich ist. Das Misstrauen und die Unsicherheit sind sehr groß. Umso wahrscheinlicher ist eine begrenzte wirtschaftliche Erholung, so dass das Aufwärtspotenzial bei den industriell benötigten Rohstoffen begrenzt ist. Dies zeigte auch die Seitwärtsbewegung beim Ölpreis, während bei den industriellen Metallen bis hin zum Silber noch deutliche Aufholeffekte spürbar waren. Die von uns seit längerem erwartete und seit einigen Wochen spürbare, stärkere Wertentwicklung im Vergleich zum Gold bestätigte sich auch in den letzten Tagen. Während Silber 2% gewann, verlor Gold leicht und kann die Marke von 2.000 US-Dollar nicht halten. Dieser Wert scheint eine ähnliche starke Hürde für das Edelmetall wie für den DAX die Marke von 13.000 Punkten zu sein. Deutlich ist aber auch, dass die Goldpreisentwicklung derzeit weniger von – politischer oder wirtschaftlicher – Unsicherheit abhängt, sondern vor allem geldpolitisch geprägt ist. Von weiteren Maßnahmen würden Gold und – in Maßen – Silber profitieren, während Silber und andere Industrierohstoffe gewinnen werden, wenn es zu einem selbsttragenden Aufschwung kommt.

 

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