S&P500 auf dem Weg zum Technologie-Index – marktbreite Anlagestrategie hängen immer stärker an US-Technologiewerten

Marktupdate 33/2020

Markus Schön, Dienstag 18. August 2020

 

Obwohl die Corona-Pandemie global weiterhin außer Kontrolle ist und ein neuer Infektionsrekord zu verzeichnen war, wieder mehr internationale Reisewarnungen ausgesprochen und teilweise schärfere Beschränkungen verhängt werden, spielt sie an den Kapitalmärkten nur noch eine Nebenrolle. Viel stärker liegt der Fokus auf den Folgen für die Wirtschaft und den Maßnahmen, wie mit diesen umgegangen werden soll. Deswegen ist die Nervosität an den US-Märkten relativ hoch. Hier war ein Hilfsprogramm für Arbeitslose am 30.07.2020 ausgelaufen und die Politik konnte sich – sozusagen im Vorgriff auf den Wahlkampf um das US-Präsidentenamt – nicht auf einen Kompromiss einigen. Nun will Donald Trump die Hilfen per Dekret genehmigen, was vermutlich gegen die US-Verfassung verstößt. Ohnehin ist hier sein Vortrag nicht logisch. Am Wochenende sprach der US-Präsident von einer hervorragenden Erholung der US-Wirtschaft mit – u. E. nicht richtigen – Rekordausgaben beim privaten Konsum. Gleichzeitig hält er aber eine Förderung der Privathaushalte für notwendig, die deutlich über Hilfen in früheren Krisen liegt. Aber auch die US-Notenbank spricht sich für weitere Hilfsmaßnahmen der Regierung aus. Dort finden schwache Konjunkturdaten mehr Beachtung, die Donald Trump ignoriert. Schließlich hatte er den Erfolg seiner Präsidentschaft sehr stark an die Entwicklung der Aktienkurse geknüpft. Hier retten ihn die von ihm eigentlich gehassten Technologiewerte, die nicht nur die NASDAQ als führende Technologiebörse dominieren, sondern auch bei dem marktbreiten S&P500 ein Gewicht von 25% des Index haben. Möglicherweise erklärt dies auch den Schritt des deutschen Biotechnologie-Unternehmen CureVac, den Börsengang in den USA zu vollziehen. Dort sind völlig andere Unternehmensbewertungen möglich. So konnte das Unternehmen allein auf vielversprechende Hoffnungen – insbesondere zu einem Covid-19-Impfstoff – über 200 Mio. US-Dollar beim Börsengang einnehmen.

 

Obwohl auch in Deutschland die Grundlagen für Unternehmensbewertungen immer verrückter werden, wäre ein ähnliches Ergebnis bei einer Notierungsaufnahme an einem deutschen Börsenplatz kaum vorstellbar. Dabei ist die Impfstoffentwicklung das derzeit wichtigste Thema. Es zeigt sich schon an der Entscheidung Russlands, mit einem Impfstoff an den Markt zu gehen, der nicht alle Prüfphasen durchlaufen hat. Man wollte aber der Erste sein, der für die globale Pandemie eine Lösung bietet. Trotz steigender Infektionszahlen wird die Krise in weiten Teilen Europas nicht als schlimmste Entwicklung seit dem 2. Weltkrieg wahrgenommen. In Italien hat die Corona-Pandemie aber nicht nur eine Vielzahl von Menschenleben gekostet, sondern das Wirtschaftswachstum der letzten 30 Jahre vernichtet. Italien ist auf dem wirtschaftlichen Stand des Jahres 1990. Viel besser wird es bald auch nicht mehr in Spanien aussehen, das – ebenso wie Frankreich – durch steigende Infektionszahlen mit neuen Reisewarnungen zu kämpfen hat, aber schon im 2. Quartal 2020 einen Wirtschaftseinbruch um fast 19% hinnehmen musste. In der Eurozone insgesamt lag das Minus bei über 12%, weil die Rückgänge beispielsweise in Österreich oder Deutschland mit jeweils ca. 10% geringer ausfielen. Auf europäischer Ebene ist also auch der Trend zu erkennen, das Reichere die Krise finanziell besser verkraften. Dennoch planen auch in Deutschland 14 Konzerne dem „Vorbild“ der Deutsche Lufthansa zu folgen und direkte Staatsbeteiligungen zu beantragen. Hierzu wird die inzwischen insolvente Wirecard AG nicht zählen. Sie muss nach einem Beschluss des Börsenbetreibers nun kurzfristig den DAX verlassen.

 

Ersetzt werden soll sie durch den Lieferdienst DeliveryHero, der mit über 20 Mrd. Euro bewertet ist, 4,4 Mrd. Euro Umsatz erzielt und von der Gewinnzone soweit wie Wirecard von einem jemals nachhaltigen Geschäftsmodell entfernt war. Deswegen waren Aktien und Anleihen dieses Unternehmens immer die Garantie für einen Wertverlust. Wer ein solches Unternehmen mit weniger als 1% p. a. finanziert hat, ist unverständlich. Es ist nur durch die jetzt noch expansivere Geldpolitik möglich, die – gerade in Europa zusammen mit dem EU-Hilfspaket – für immer niedrigere Renditen gerade in Südeuropa sorgt. Dabei sind dort die Risiken durch die Verschuldung und die Bedeutung des Tourismus aktuell besonders hoch. Der globale Anlage-notstand sorgt allerdings für eine ungebrochen hohe Nachfrage nach allen Arten von Anleihen. Gerade in den Sommermonaten mit extrem wenigen Neuemissionen zeigt sich, wie viel Nachfrage einem immer noch begrenzten Angebot gegenübersteht. Dies sorgt aber für geringere Schuldenaufnahme im Ausland.

 

Von diesem „coming-home-Effekt“ profitieren gerade die USA im Übermaß. Waren vor fünf Jahren noch 50% der US-Staatsanleihen durch ausländische Gläubiger finanziert, liegt die Quote nun bei 30%. Dies macht solche Staaten weniger anfällig für Spekulation wie während der Euro-Schuldenkrise; möglich wird dies aber nur durch die immense Vermögensbildung in den entsprechenden Staaten. Gerade in den USA geht dies aus Umschichtungen vom Aktien- in den Rentenmarkt zurück, da selbst der S&P 500 von den fünf großen Technologie-Aktien bestimmt ist.

 

Besonders spürbar ist die Corona-Krise derzeit vor allem an den Devisenmärkten. So hat die Türkische Lira ein neues Allzeittief erreicht, während die Inflation dort auf 13% gestiegen ist. Mit dem weltweiten Konjunktureinbruch, den politischen Spannungen und vor allem dem ausbleibenden Tourismus droht der Türkei immer stärker die Zahlungs-unfähigkeit. Aber auch andere Währungen leiden unter der Corona-Pandemie. So entwickeln sich der Russische Rubel – trotz „Impfstoff“ – und der Mexikanische Peso aufgrund der Infektionszahlen in den beiden Ländern eher schwach. Aber auch der Neuseeländische und Australische Dollar tendieren eher seitwärts, obwohl beide Volkswirtschaften von den steigenden Rohstoffpreisen profitieren sollten. Beim US-Dollar ist die Frage, ob die Schwäche aus dem weiterhin dynamischen Infektionsgeschehen dort, den global schwachen Konjunkturdaten oder den Spannungen im Handelskonflikt mit China resultiert. Dort waren die Konjunkturdaten zuletzt zumindest unter den Erwartungen, so dass die beiden größten Volkswirtschaften immer stärker unter Druck kommen. Die Lösung, mehr miteinander zu machen, ist so weit weg, dass der Euro und der Schweizer Franken derzeit als besonders stabil gelten.

 

Von dieser Suche nach Stabilität profitieren in den letzten Wochen auch Gold und vor allem Silber, deren Kurse teilweise explosionsartig gestiegen sind. Das von uns favorisierte Silber ist während der Sommerpause des Schön&Co-Markupdates um über 35% gestiegen und hat so zu dem Allzeithoch bei vielen unserer Mandate beigetragen. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung sind die Schwankungen weiterhin sehr groß. Aber auch die weiteren industriell benötigten Rohstoffe können ihre positive Entwicklung fortsetzen. Der Ölpreis ist vor allem aufgrund der Nachfrage aus China weiter gestiegen. Sorgen um die Versorgung aus dem Nahen Osten sorgen auch für Anstiege.

 

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