Wenn der Weltuntergang kommt...

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Marktupdate 27/2022

Markus Schön, Dienstag 05. Juli 2022

Das Anlagejahr 2022 ist schon jetzt historisch. Hinter uns liegt der schlechteste Juni, den der DAX jemals erlebt hat. Auf Monatssicht ist ein Minus von 12% zu verzeichnen. Die US-Märkte sind so schlecht wie seit über 50 Jahren nicht mehr und bei Zinsen, Edelmetallen und Digitalwährungen herrscht eine Ausverkaufsstimmung als stünde morgen der Weltuntergang bevor. So wird es nicht kommen, aber selbst wenn – dann waren wir dabei; das wird niemand vor und nach uns behaupten können. Anders kann man auf die Irrationalitäten dieses Marktumfelds nicht reagieren. So ist – trotz eines sehr robusten Arbeitsmarktes – die Einkommensentwicklung so schlecht wie zuletzt 2002 mit einer damaligen Arbeitslosenquote über 10%. Aktuell werden hingegen in allen Bereichen Arbeitskräfte zunehmend verzweifelt gesucht. Aber auch in den USA entwickelt sich das Konsumklima rückläufig, obwohl dort faktisch Vollbeschäftigung herrscht. Aber es scheint für die Kapitalmärkte immer deutlicher zu werden, dass die Notenbanken lieber eine Rezession akzeptieren werden, als dauerhaft so hohe Inflationsraten zuzulassen. Dabei wird völlig übersehen, dass die Inflation in vielen Bereichen ihren Hochpunkt überschritten haben dürfte. Die Energiepreise konsolidieren auf hohem Niveau; in den USA ist der Gaspreis von seinem Jahreshoch 2022 schon wieder 40% gefallen ist, obwohl weiterhin drastische Lieferkürzungen Russland für Europa erwartet werden. Lachender Dritter ist derzeit China, das sich – nach der Beendigung einiger regionaler Lockdowns – wirtschaftlich wieder erfreulich präsentiert und durch von Russland ermäßigte Preise für Energierohstoffe derzeit eine sehr niedrige Inflation aufweist. Entsprechend ist dort die Börsenentwicklung deutlich erfreulicher und befeuert vielleicht Überlegungen wie aktuell bei Mercedes- Benz, stärker auf Luxusprodukte zu setzen.

So läutet der deutsche Premiumhersteller das Ende der Mercedes A-Klasse ein, die bei der Markteinführung der 1. Generation für ein Marketing-Desaster durch das „Umkippen“ und dann für einen Schub bei der aktiven Sicherheit sorgte. Vor diesem Hintergrund ist es spannend, ob die von nahezu allen deutschen Herstellern verfolgte Strategie, wieder stärker auf Luxusfahrzeuge zu setzen, aufgeht. Ob den damit verbundenen Ansatz „Luxus geht immer“ gerade aktuell die Superreichen teilen, ist fraglich. Das historisch schlechte Börsenumfeld hat allein dort für Verluste von 1,4 Bio. Euro gesorgt. Addiert man den globalen Vermögensverlust im 1. Halbjahr 2022 zusammen, dürfte das Minus bei mindesten 100%, eher 150% der Wirtschaftsleistung Deutschlands liegen, während Russland wirtschaftlich – trotz eines technischen Zahlungsausfalls – ziemlich robust dasteht. Bislang zeigen die westlichen Sanktionen eben nicht die gewünschte Wirkung, weil die deutliche Mehrheit der Staaten weltweit diese eben nicht unterstützen. Aber auch die Behauptungen des deutschen Bundeswirtschaftsministers Habeck, man habe den Bedarf an russischem Erdöl von 25% auf 12% mehr als halbiert, haben sich als Lüge herausgestellt. Mit fast 30% lag der russische Anteil im Mai 2022 höher als vor Kriegsbeginn. Ohne die Importe von Energierohstoffen, aber auch anderen industriell benötigten Materialien wird Deutschland vor einer wirtschaftlichen Katastrophe stehen. Während die damalige Außenministerin Hillary Clinton bezogen auf die starke Finanzierung der USA durch China mit Blick auf die Menschenrechtssituation fragte, „wie redet man Tacheles mit seinem Banker“, versucht sich Deutschland wie ein Junkie einzureden, nicht drogenabhängig zu sein. Der Wohlstand Deutschlands basiert aber auf günstiger Energie und dem günstigen Bezug von Vorprodukten. Wenn man dieses Modell verändern will, wird es – vor allem bei der angestrebten Geschwindigkeit – nur mit deutlichen Einschränkungen funktionieren. So gewinnt man den Eindruck, dass einige Regierungsmitglieder in Deutschland einen dauerhaften Gas- Stopp schon fast herbeireden wollen, um eine Rechtfertigung für die Abwärtsbewegung deutscher Unternehmen zu haben, die an den Kapitalmärkten teilweise eingepreist ist. Wenn eine in rund zwei Jahren fällige Nachranganleihe des Bayer-Konzerns mit fast 10% rentiert, während sich die Aktie in dem aktuellen Umfeld gut behauptet, zeigt es einerseits, wie irrational der Markt ist. Andererseits müssen die Anleger, die bei diesen Kursen ein Zinspapier verkaufen, von einem Zusammenbruch der Bayer AG ausgehen. Manche Reaktionen an den Kapitalmärkten sind so, als würde es keine unternehmerische Substanz geben. Umgekehrt fallen die Kurse der Unternehmen, die tatsächlich „substanzlos“ wie Tesla oder Delivery Hero sind, eben nicht ins Bodenlose. Neben falscher Notenbankpolitik und politischen Fehlentscheidungen geht die größte Gefahr von dem weiterhin vielen und vielfach „dummen“ Geld aus, das bei vielen Marktteilnehmern zu immer größeren Fehleinschätzungen führt.

Daher ist es sehr hilfreich, wenn das Vermögen von Anbietern verwaltet wird, die nachweislich Krisen im Sinne ihrer Kunden gemeistert haben. Dies ist umso einfacher, wenn man in diesem Umfeld auf der Zinsseite investiert ist. Dort sind nicht nur die Erträge planbar, sondern auch die Rückzahlung der Anleihen ist sichergestellt, sofern der Emittent nicht ausfällt. Deswegen ist dieses Umfeld eine Phase, in der sich aus den Gefahren und vor allem Irrationalitäten auch eine Vielzahl von Marktchancen ergeben. Diese sollten Anleger nutzen, weil es kaum ein besseres Umfeld gibt, sich attraktive Zinserträge langfristig zu sichern. Wie stark der Anstieg werden kann, zeigte sich bei Staatsanleihen.

Teilweise konnten die als besonders sicher eingestuften Bundesanleihen aus Deutschland innerhalb von zwei Tagen mehr als 3% hinzugewinnen. Bei einem Minus von 20% seit Jahresanfang 2022 ist dies natürlich nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, aber die Geschwindigkeit der Gegenbewegung zeigt, dass unsere Einschätzung fundamental richtig ist und am Ende erfolgreich sein wird. Auf der Aktienseite ist dies bei Weitem nicht so sicher. Wenn sich die Horrorszenarien bestätigen, wird die deutsche und vermutlich auch die europäische Wirtschaft in die größte Krise nach dem Zweiten Weltkrieg stürzen. Dann dürfte der Boden bei vielen, auch internationalen Aktienwerten nicht erreicht sein.

Auf ein solches Szenario deutet auch die Entwicklung der Währungen, die als „sicherer Hafen“ gelten. So steigen der USDollar und der Schweizer Franken weiter an. Letzterer erreicht gegenüber dem Euro zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder die Parität. Diese Stärke der schweizerischen Währung sorgt auch für relativ niedrige Inflationsraten in der Schweiz. Beide Währungen entwickeln sich aber im Vergleich zum Russischen Rubel unterdurchschnittlich. Die russische Währung hat seit Jahresanfang 2022 mehr als 30% gewonnen und notierte zwischenzeitlich auf dem höchsten Stand seit fast 10 Jahren.

Dies ist umso verwunderlicher, da die Dynamik der Preisanstiege bei den Energierohstoffen etwas nachgelassen hat und alle anderen Rohstoffe verlieren. Kupfer verzeichnet beispielsweise die schwächste Entwicklung seit der Finanzkrise 2008. Aber auch die Edelmetalle gehören zu den Verlierern. Inzwischen notiert auch Gold auf Jahressicht 2022 im Minus; Silber hat eine schwache Woche hinter sich und bietet neue Chancen. Aber besonders erschreckend ist die Entwicklung bei Platin, das in diesem Jahr fast 10% an Wert eingebüßt hat. Dies alles passt nicht zu dem Krisenszenario, das an Aktien- und Anleihenmärkten besteht. Die extremen Kreditfinanzierungen führen dazu, dass bei fallenden Kursen alles verkauft werden muss. Damit werden die Schwankungen auch über den Sommer extrem hoch bleiben.

Der Text ist unser sonntäglich erscheinendes Schön&Co-Marktupdate, für das Sie sich unter info@schoenco.de jederzeit kostenlos und unverbindlich anmelden können.