Risiken nicht nur durch Corona - Anlagebetrüger gibt es immer - Schützen Sie sich mit unabhängiger Expertise​

Veroeffentlichungen

Marktupdate 19/2020

Markus Schön, Dienstag 12. Mai 2020

 

In einem “normalen” Umfeld gäbe es so viele Nachrichten, die hohe Aufmerksamkeit und starke Marktbewegungen nach sich gezogen hätten, aber derzeit bleibt alles „von Corona überlagert“. Dies ist für manche Marktteilnehmer positiv, da aktuell schlechte Nachrichten untergehen. Hierzu gehört auch Warren Buffet, dessen Investment-gesellschaft Berkshire Hathaway mit einfachen Photoshop-Methoden um ungefähr 800 Mio. Euro betrogen wurde. Das deutsche Unternehmen Schulz wurde für diesen Betrag übernommen, obwohl es eigentlich vor der Pleite stand. Dies sollte mehr Aufmerksamkeit bekommen, weil die vorgelegten Unterlagen sehr einfach gefälscht waren und Berkshire Hathaway mit sehr viel fremden Geld arbeitet. Aber gerade in Zeiten billigen Geldes gilt umso mehr die Börsenweisheit „Gier frisst Hirn“. So zeigt ein aktueller Fall eines Anlagebetrugs im niedersächsischen Osnabrück mit einem Schaden von 500 Mio. Euro wie wichtig unabhängige Expertise und Research sind. Wieder einmal wurde der Schaden im Bereich nicht börsennotierter und einer objektiven Marktpreisbildung unterliegenden Anlagen verursacht. Dort muss mehr und strenger reguliert werden. Schließlich ist es für den deutschen Markt wieder ein größerer Skandal, während der Verlust aus dem Firmenkauf bei Berkshire Hathaway dort sehr ärgerlich sein dürfte, aber in der Wertentwicklung einen kaum spürbaren Effekt hatte. Es zeigt sich auch in diesen Fällen, wie wichtig unabhängige Expertise und eigenes Research tatsächlich sind. Dies gilt auch für ein sensationelles und sehr überraschenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der EZB, die teilweise als verfassungswidrig eingestuft wurden. Dies hat bei deutschen Staatsanleihen zu weiter steigenden Kursen geführt, während entsprechende Papiere aus Südeuropa unter Druck kamen. Aber auch die europäische Gemeinschaftswährung hat es belastet. Die Ausschläge waren dennoch moderat. Ohne Corona hätten dies die Kapitalmärkte wesentlich stärker durchgeschüttelt.

 

Aber derzeit wird es einfach nicht wahrgenommen und wirkliche Konsequenzen werden nicht erwartet. Schließlich wäre eine Einstellung des Kaufprogramms in dieser Phase das Ende des Euros und würde zu einem unkoordinierten Zusammenbruch verschiedener Volkswirtschaften in Europa führen. Dies ist tatsächlich undenkbar und wäre in dieser Situation ein fatales Signal. Schließlich ist Europa mehr als ein Währungs- und Wirtschaftsraum. Es ist die Garantie für Frieden, Freiheit und Wohlstand. Dies darf jetzt nicht durch die Fehlkonstruktion des Euros zerstört werden. Man muss jedes Problem lösen, aber eben nacheinander. Jetzt muss die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilisierung Europas im Fokus stehen. Danach muss man die Haftungsfragen klären und für eine einheitliche Steuerpolitik mindestens in dem gemeinsamen Wirtschafts-raum sorgen. Dann sind auch die Horrorszenarien einer Depression wie in den 1930iger Jahre unrealistisch, die derzeit einige Wirtschaftsforschungsinstitute aufzeichnen. Schließlich ist in Asien eine relative Normalisierung der aktuellen Situation erkennbar. Die chinesischen Exporte sind gestiegen, während die Lieferungen nach China deutlich zurückgingen. Allerdings muss man den Anteil der Energielieferungen berücksichtigen, die durch den Crash am Ölmarkt deutlich preiswerter geworden sind. Dies relativiert sich nach den Anstiegen der letzten Tage auch wieder. Schließlich hat sich der Ölpreis vom Tief verdoppelt. Derzeit helfen die weiterhin niedrigen Preise vielen Unternehmen – gerade in Asien –, günstiger zu produzieren. Hinzu kommt die – zumindest an den Kapitalmärkten übertrieben positive – Stimmung. Während weltweit die Menschen eine Normalisierung, zu der auch Arbeit und Wertschöpfung zählen, herbeisehnen, werden selbst schlimmste Arbeitsmarktdaten aus den USA an den Kapitalmärkten positiv interpretiert. Schließlich liegt die US-Arbeitslosigkeit „nur“ bei ca. 15% und nicht bei den befürchteten 20%. Es interessiert weder die Erwartung des US-Finanzministers einer weiteren Steigerung noch die Tatsache, dass schon jetzt der höchste Wert seit 1929 erreicht worden ist. Ähnliche Schreckensnachrichten gibt es aus allen Bereichen. Aber die Kapitalmärkte reagieren einfach menschlich: Nach der Katastrophe will man nur das Gute sehen und wünscht es sich ggf. einfach herbei.

 

Möglicherweise erklärt sich auch so das Bild bei Anleihe-Neuemissionen. Diese sind so stark überzeichnet wie teilweise nie zuvor. Gleichzeitig normalisiert sich das Bild bei laufenden Anleihen erst langsam. Teilweise ist es interessanter, eine bestehende Anleihe zu kaufen, statt sich an einer Neuemission zu beteiligen. Manche Bewertungen sind dennoch irrational. So erhält man für eine Anleihe des MDAX-Konzern K+S für rund 1 Jahr Laufzeit 8% jährliche Rendite, obwohl das Unternehmen 40% Eigenkapital hat und nur von einem Gewinnrückgang um 15% ausgeht. Fragwürdig ist sicherlich die Strategie, sich dennoch über die Sonderprogramme der KfW finanzieren zu wollen, während viele Mittelständler sich vermutlich um Kredite bemühen. Dies ist aber kein Problem bei der KfW, sondern geht auf die fragwürdige Haltung einiger Banken und Sparkassen zurück, das relativ margenarme Geschäft der Förderbanken nicht zu begleiten. Hier ist die Position der BaFin richtig, nach der Krise sehr schnell die aktuell gewährten Lockerungen zu überprüfen.

 

Wenn Banken und Sparkassen ihrer behaupteten Systemrelevanz nicht nachkommen, sollte man auch einfach zu dem Ergebnis kommen, dass die Systemrelevanz nicht gegeben ist. Entsprechend sollten Kreditinstitute wie Unternehmen behandelt werden, bei denen ja auch die Rufe nach besonderem Schutz überhand nehmen. Die Systemrelevanz zeigt sich gerade in der Krise. Es sind alles Waren und Dienstleistungen, die nahe an den Grund-bedürfnissen der Menschen liegen. Automobilhersteller, Reiseveranstalter und Fluggesellschaften gehören nicht dazu. Deswegen ist es wichtig, neben den gesellschaftlichen Lockerungen nun unbedingt Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu definieren. Gerade an den Aktienmärkten deuten die Erwartungen auf unbegrenzte Rettungspakete und Konjunkturprogramme auf eine „Selbstbedienungs-mentalität“ großer Investmentunternehmen, der die Politik klare Grenzen aufzeigen muss. Alles, was gesellschaftlich hilft, sollte sich entwickeln können. Die Steigerung des Vermögens von Finanzinvestoren zählt aber nicht dazu.

 

Schließlich verschlimmern Hedgefonds, Spekulanten und Leerverkäufer ohnehin vorhandene Marktübertreibungen. Festzustellen ist dies auch im Währungsbereich, als dort die rohstoffnahen Währungen aufgrund der fallenden Rohstoffpreise verkauft wurden, ohne die jeweilige Volkswirtschaft zu beachten. So ist russische Volkswirtschaft und damit auch der Russische Rubel relativ substanzstark, während Brasilien wirtschaftlich und gesellschaftlich im Chaos zu versinken droht. Dennoch verloren beide Währungen während des Ölpreiseinbruchs ähnlich stark. Umso erfreulicher ist die positive Entwicklung beim Russischen Rubel, der in den letzten zwei Wochen 5% an Wert hinzugewinnen konnte. Zusammen mit der hohen Zinsdifferenz ist die Währung weiterhin eine interessante Beimischung. Dies gilt natürlich auch für den Australischen Dollar, der allein in den letzten fünf Handelstagen mehr als 3% hinzugewinnen konnte. Neben der Marktberuhigung profitieren die Währungen auch von dem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts, das letztlich für die Zukunft des Euros Unsicherheiten mit sich bringt. Daher gewannen auch US-Dollar und Schweizerischer Franken.

 

Trotz der vordergründigen Entspannung an den Aktienmärkten bleibt Sicherheit gefragt. Davon profitieren neben erstklassigen (Unternehmens)-Anleihen auch Edelmetalle. Der öffentliche Fokus liegt weiterhin sehr stark auf Gold; dabei entwickelt sich Silber – analog zu unserer Erwartung – seit einigen Wochen deutlich besser. Es gewinnt stärker und verliert weniger. Hier spielt neben dem Werterhaltungsaspekt die industrielle Verwendbarkeit eine wesentliche Rolle. Schließlich wird eine Erholung der Weltwirtschaft weiterhin Rohstoffbedarf nach sich ziehen und in diesen Bereichen für steigende Preise sorgen. Besonders deutlich wird dies beim Ölpreis, der allein in der hinter uns liegenden Handelswoche um über 30% gestiegen ist. Von seinen Tiefstkursen hat sich der Preis des Energierohstoff verdoppelt und damit Behauptungen widerlegt, dass kurzfristig ein erneutes Absinken der Terminpreise in den negativen Bereich wahrscheinlich ist. Den Ölproduzenten ist es gelungen, die Kapazitäten schneller zu reduzieren, so dass die Preissteigerungen gerechtfertigt sind, aber – auch zur wirtschaftlichen Erholung – an Dynamik verlieren sollten.

 

Der Text ist unser sonntäglich erscheinendes Schön&Co-Marktupdate, für das Sie sich unter info@schoenco.de jederzeit kostenlos und unverbindlich anmelden können.