Gerade wegen Corona: Trumps 2. Amtszeit kommt

Veroeffentlichungen

Marktupdate 18/2020

Markus Schön, Dienstag 05. Mai 2020

 

In Deutschland liegt durch den 01. Mai eine kürzere Handelswoche hinter uns, während beispielsweise in den USA die fünf Tage komplett gehandelt wurde. So wird DAX die schwache Entwicklung zum Wochenschluss nachholen, zumal die Börsen im Nahen Osten heute teilweise eingebrochen sind. Saudi-Arabien kündigte ein umfang-reiches Sparprogramm an, da die Einnahmen aus dem Ölgeschäft – ähnlich wie in anderen Volkswirtschaften – in keinem Verhältnis zu den Ausgaben stehen. Dies traf viele Markteilnehmer unvorbereitet und so viel die dortige Börse am heutigen Sonntag fast 9%. Betrachtet man den Höchstkurs der deutschen Aktienindices und die aktuellen Indikationen, sind dort in 2 ½ Handelstagen ähnliche Verluste entstanden. Man muss sich weiterhin daran gewöhnen, wie schnell die Marktbewegungen geschehen, aber auch wie ausgeprägt derzeit die Übertreibungen nach oben ausfallen. Auf Basis der aktuellen Daten ist der DAX in einer Bandbreite zwischen 10.000 und 10.500 Punkten fair bewertet. Sollte kurzfristig ein Impfstoff zur Verfügung stehen oder das Virus – ähnlich wie SARS in 2003 – einfach „verschwinden“, sind 1.000 bis 1.500 Punkte mehr gerecht-fertigt. Dies ist aber derzeit nicht das wahrscheinliche Szenario. Deswegen war der starke Anstieg bis Mitte letzter Woche wieder eine reine „Liquiditätsparty“, die von Steuergeld, Hoffnung auf eine noch expansivere Geldpolitik und umfänglichen staatlichen Rettungsmaßnahmen getragen war. Fundamental ist dies grober Unfug. Alle Unternehmensberichte sind von einer tiefen Unsicherheit geprägt. Konjunkturell gibt es eigentlich nur schlechte Nachrichten. Ganz wenige Indikatoren fallen besser als erwartet aus. Entsprechend unsicher ist das aktuelle Umfeld und genau diese Unsicherheit ist eigentlich ein klassischer Belastungsfaktor an den Märkten. Deutlich wurde dies, als die EZB bei ihrer Zinsentscheidung zwar ihre Handlungsbereitschaft betonte, aber keine neuen Hilfen bekanntgab. Dies sorgte für Enttäuschung und Kursverluste.

 

Dabei müsste eigentlich das Gegenteil der Fall sein. Schließlich könnte man die Haltung der EZB, mit ihrer expansiven Ausrichtung ohne Ausweitungen fortzufahren, auch als Einschätzung verstehen, dass die politischen und finanzwirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen ausreichend sind. Wirtschaftlich könnte dies sogar funktionieren, wenn die Gelder sinnhaft eingesetzt werden. Für das schnelle Geld einer Börsenrallye reichen die Maßnahmen nicht aus. Um der Markterwartung der Spekulanten gerecht zu werden, müsste sie nach japanischen „Vorbild“ Aktien kaufen und sich nicht nur auf die Aufweitung ihres Kaufprogramms auf ungeratete Anleihen „beschränken“. Schließlich werden gerade Neuemissionen auf der Zinsseite gekauft, als gäbe es morgen keine Anleihen mehr. Selbst der faktisch insolvente US-Flugzeughersteller Boeing – derzeit mit negativen Eigenkapital – konnte sich mit 25 Mrd. US-Dollar refinanzieren. Vielleicht trösten sich die Anleger dann am Ende mit der bekannten Börsenweisheit „das Geld ist nicht weg, es hat nur jemand anders“. Dabei ist es jetzt so wichtig, die Anlagen krisenfest zu machen. Eine moderate Aktienquote, erstklassige bis „mittelgute“ Anleihen mit mindestens angemessenen Renditen, Währungsanleihen und Rohstoffbeimischungen, die man auch industriell verwerten kann. Schließlich zeigt Gold erneut, dass es kein Sachwert, sondern ein Spekulationsobjekt ist. Mit den guten Aktienmärkten stieg es; mit den Rückgängen dort kam das Edelmetall wieder unter Druck. Die EZB hat mit ihrer eher abwartenden Haltung zu neuen Maßnahmen auch für keinen Schub beim Goldpreis gesorgt. Vielmehr ist ihr – eher unabsichtlich – gelungen, den Euro zu stärken. Bei dem Währungspaar Euro/ US-Dollar wurde sehr deutlich, wie stark die Notenbankenstrategien auseinanderfallen. Die US-Notenbank ergreift immer neue Maßnahmen und wird alles tun, um die US-Wirtschaft zu stützen. Dies wird auch notwendig, weil Donald Trump einen gefährlichen Kurs einschlägt. Er muss einen Schuldigen für sein Corona-Desaster finden. Nach den US-Demokraten und der WHO ist es nun (wieder) China. Durch die Behauptung, Corona sei ein künstlich in Wuhan erzeugter Virus wird er versuchen, seine Wiederwahl sicherzustellen. Trotz aller Hoffnungen gerade der deutschen Presse – es wird ihm gelingen. Dann erleben wir einen viel schlimmeren Handelskrieg.

 

Schließlich sieht Trump seine protektionistische Handlung bestätigt. In seinem Weltbild hätte es ohne globalen Waren- und Dienstleistungsverkehr ein von Mensch zu Mensch übertragbares Virus überhaupt nicht in die USA geschafft. Also muss China schuld sein. Die Sorge, China als Refinanzierungsquelle der zukünftig weiter explodierenden US-Verschuldung zu verlieren, hat auch an Schrecken verloren. Schließlich kann Trump die US-Notenbank auf die „nationale Aufgabe“, den Wiederaufbau der USA zu finanzieren, einschwören. In einer zweiten Amtszeit Trumps drohen die USA in ein autokratisches System abzudriften. Schließlich macht der US-Präsident aus seiner Vorliebe für solche Systeme keinen Hehl. Je früher sich die Weltpolitik und die Wirtschaft außerhalb der USA auf dieses Szenario einstellen, desto besser ist es. An einigen Stellen wird es hilfreich sein. Gerade die Refinanzierung für Staaten und Unternehmen außerhalb der USA dürfte günstiger werden. Die Billionen an Devisenreserven Chinas werden sichere Anlagen außerhalb der USA suchen.

 

Dies könnte deutschen Unternehmen helfen. Trotz aller Defizite in der Digitalisierung ist Deutschland in den kurzfristig ganz großen Krisenverlierern zumindest bei börsennotierten und große Anleihen emittierenden Unternehmen kaum vertreten. Die Deutsche Lufthansa im DAX sowie Airbus und der Konzernveranstalter CTS Eventim im MDAX gehören zu den Werten, die man momentan meiden sollte. Gerade die Deutsche Lufthansa zeigt mit ihren Überlegungen, eine Plan-Insolvenz einem staatlichen Mitspracherecht vorziehen zu wollen, dass man mit diesem Unternehmen derzeit nicht verlässlich planen kann. Nachdem man zur Wochenmitte selektiv Gewinne realisiert haben sollte, wird es nun in den nächsten Tagen wieder Marktchancen geben, erstklassige Werte relativ günstig erwerben zu können. Der Anlageerfolg auf der Aktienseite hängt entscheidend davon ab, Gewinne mitzunehmen und nicht auf eine Rallye bis zu neuen Rekorden an den Aktien-märkten zu hoffen. Sicher ist, dass nahezu alle Aktienindices zu hoch bewertet sind.

 

Durch die unterschiedlichen Schwerpunkte, die die Notenbanken in der hinter uns liegenden Handelswoche setzten, konnte der Euro gegenüber dem US-Dollar profitieren. Aber die positive Entwicklung der europäischen Gemeinschaftswährung zeigte sich auch im Vergleich zum Australischen und Neuseeländischen Dollar, obwohl die Zinsen dort höher, die Konjunkturaussichten und der Pandemieverlauf weiter als in Europa ist. Deswegen sehen wir die aktuelle „Stärke“ des Euro als temporäre Übertreibung. Lediglich die extrem niedrige Inflation – im April 2020 dürfte sie unter 1% gefallen sein – ist ein Argument für die Stärke des Euro. Trotz der deutlichen Erholung des Ölpreises erstaunlich schwach bleiben die rohstoffnahen Währungen. In Mexiko und Russland sind die Zahlen der Corona-Pandemie besorgniserregend. Gerade Russland hätte bessere Reaktionsmöglichkeiten gehabt. Aber beide Volkswirtschaften sind stabil genug, um die Krise zu überstehen. Bei einer Stabilisierung des Ölpreises bestehen sogar gute Voraussetzungen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Durch den Zinsvorteil bleiben Beimischungen dieser Währungen weiterhin interessant.

 

Die starken Schwankungen an den Aktienmärkten werden vom Ölpreis komplett übertroffen. Der Rohstoff schwankt manchmal täglich, mindestens aber wöchentlich zweistellig. Aktuell verzeichnet er im Wochenvergleich ein Plus von 20%. Dennoch ist ein Niveau von weniger als 25 US-Dollar für die meisten Ölproduzenten nicht auskömmlich. Gerade diese Branche braucht schnellstmöglich eine Normalisierung der Weltwirtschaft. Gerade dort sind die Kollateralschäden besonders groß. Schließlich sind die Rohstoffkonzerne große Nachfrager für Maschinen und technische Infrastruktur. Sollten diese – wie in bei US-Anbietern absehbar – wegfallen, drohen erhebliche Verwerfungen in anderen industriellen Bereichen. Dies gilt umso mehr, weil auch industriell benötigte Rohstoffe unter Druck bleiben, was auch Silber und Platin negativ beeinflusst. Erschwerend kommt die Entwicklung des Goldpreises zu einem Spekulationsobjekt hinzu. Hier rechnen wir mit einer Abwärtsbewegung analog zu den Aktienmärkten, während sich die anderen Edelmetalle auf dem aktuellen Niveau stabilisieren und von einem stärker werden US-Dollar profitieren werden.

 

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