VW, Microsoft, Tesla, Bitcoin – unterschiedliche Facetten der Digitalisierung.

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Marktupdate 06/2021

Markus Schön, Dienstag 16. Februar 2021

 

Mit Ausnahme des Rohstoffsektors und einiger Bewegungen bei Einzelaktien war die hinter uns liegende Handelswoche eher langweilig. In Asien setzte die Ruhe vor dem chinesischen Neujahrsfest ein, das dort in der vor uns liegenden Woche ansteht. Neben geringeren Impulsen und weniger Handelsvolumina stellt sich vor allem die Frage, ob die in China wieder herrschende, relative Normalität nicht zu steigenden Neuinfektionszahlen führt und ein weiterer Belastungsfaktor für die globale Wirtschaft wird. Derzeit ist eine leichte Entspannung hinsichtlich der Corona-Pandemie festzustellen. Die Neuinfektionen weltweit sind von ihrem Hoch Anfang Januar 2021 von 5 Millionen Menschen pro Woche auf 3 Millionen Menschen gefallen. Während diese Entwicklung global festzustellen ist – an der deutschen Politik aber weitgehend vorbei zu gehen scheint –, ist vor allem in den USA die Entwicklung beachtlich. Mit immer noch relativ geringen Beschränkungen gehen die Neuinfektionszahlen dort relativ stark zurück und sind so ein Teil der Erklärung, weshalb global die Aktienmärkte erneut moderat gestiegen sind. Sollten die USA – auch entgegen unserer Erwartung – die Corona-Pandemie ohne harten Lockdown meistern, ist die Wirtschaftsperspektive dort deutlich besser als beispielsweise in Europa. Beeindruckend ist auch dort die Impfgeschwindigkeit. Nachdem man auch einen langsamen Start hatte, sind inzwischen über 30 Millionen US-Bürger geimpft. Von den größeren Staaten sind hier – nach offiziell verlässlichen Zahlen – nur Israel und Großbritannien deutlich besser. Dies gibt dem neuen US-Präsidenten Joe Biden einen spürbaren Schub, der zudem verdeutlicht, dass Donald Trump im Wesentlichen eine „Luftnummer“ war. Der nun für ihn von den US-Republikaner im US-Senat erreichte Freispruch im nachträglichen Amtsenthebungsverfahren könnte sich am Ende als Bärendienst erweisen. Schließlich droht so immer noch eine zweite Amtszeit Trumps, falls er 2024 erneut antreten sollte. Neben der Frage, wie sich sein Einfluss auf die US-Republikaner entwickelt, ist vor allem entscheidend, wie erfolgreich Joe Biden eine andere politische Kultur entwickelt. Hier hat der zu große Optimisten aber direkt enttäuscht: Gegenüber China führt er den harten Kurs seines Amtsvorgängers fort und kritisiert China zudem in Themen wie Taiwan und Hong Kong, die dort als „innere Angelegenheiten“ betrachtet werden. Die nahezu global während der Pandemie feststellbare Fokussierung auf die eigene Einflusssphäre lässt momentan die Frage unbeantwortet, wie sich Politik zukünftig entwickeln wird. Derzeit erscheint sie immer konfrontativer, auch weil der internationale Dialog in weiten Teilen in der üblichen Form zum Erliegen gekommen ist. So werden internationale Formate in virtueller Form kaum wahrgenommen. Es zeigt sich, dass sich nicht alles ins Internet verlagern lässt, obwohl die Hoffnung auf eine immer weitergehende Digitalisierung einer der wesentlichen Faktoren für die steigenden Aktienmärkte war.

 

Aus diesem Thema ziehen auch immer stärker die Finanz- und die Automobilindustrie ihre Zukunftshoffnung. So will sich die Commerzbank unter ihrem neuen Vorstandsvorsitzenden zum Technologieunternehmen wandeln. Irgendwie fühlt man sich dort an Wirecard oder Grenke erinnert. Dort war auch viel „heiße Luft“ und wenig inhaltliche Substanz. Deswegen sollte man die Commerzbank regional aufspalten und die Kundenbasis dann Sparkassen und Volksbanken zum Kauf anbieten. Deutlich erfolgversprechender sind die Digitalisierungsüberlegungen in der deutschen Automobilindustrie. Schließlich muss Mobilität gerade mit den Erkenntnissen aus der Pandemie neu gedacht und weiterentwickelt werden. Hier sind sicherlich erhebliche Potenziale in der Entwicklung intelligenter Verkehrssteuerungen besonders erfolgversprechend, während die Konzepte von Volkswagen, zukünftig – u. a. in China – auf Flugtaxis setzen zu wollen oder in Deutschland vollständig autonomes Fahren zu ermöglichen, sehr optimistisch. Schließlich benötigt man hierfür nicht nur das technische Wissen, sondern auch die Infrastruktur. Deutschland offenbart ja gerade in der Pandemie, wie schwach die digitale Infrastruktur ausgeprägt ist. Diese ist aber unerlässlich, wenn man so umfassende technische Lösungen etablieren will. Dennoch ist der Schritt des Automobilkonzerns, die Zusammenarbeit mit Microsoft zu vertiefen, völlig richtig. Die technologische Entwicklung kann Volkswagen nicht allein leisten und mit dem US-Konzern kann man sich von Tesla, Google oder Apple abgrenzen. Schließlich wird man nie besser sein, wenn man das tut, was alle tun und zum anderen spürt Volkswagen den Wettbewerbsdruck weniger durch die genannten Unternehmen, sondern bei dem klassischen Wettbewerber Toyota, der bislang beeindruckend gut durch die Corona-Krise gekommen ist.

 

Solche Unternehmensnachrichten haben teilweise für Auftrieb bei den internationalen Aktien gesorgt. Dies ist überraschend, weil sich für vermeintlich sichere Anleihen der Trend leichter Zinssteigerungen weiter fortsetzt. So liegt die Rendite für 30 Jahre laufende US-Staatsanleihen wieder bei knapp 2% p. a., während die Dividendenrendite der US-Aktien auf etwas über 1,5% p. a. gefallen ist. Deutliche Gewinne sind dort also nur über Kurssteigerungen möglich, die unwahrscheinlicher werden, je höher das internationale Zinsniveau steigt. Derzeit wird dies kaum wahrgenommen, weil zum einen die Notenbanken deutlich die Signale aussenden, im Zweifelsfall weiterhin sehr expansiv zu agieren und zum anderen die Renditen für Unternehmens- und Nachranganleihen nicht steigen. Ganz im Gegenteil – dort erreichen immer mehr Papiere neue Allzeithochs. Ähnlich wie im Aktienbereich werden Risiken gesucht und teilweise absurde Preise für Anleihen gezahlt. Hier ist es vielfach sinnvoll, Umschichtungen vorzunehmen und Laufzeiten zu verkürzen bzw. Bonitätsrisiken – unabhängig von teilweise nur eingeschränkt nachvollziehbaren Rating-Einstufungen – zu reduzieren.

 

Schließlich ist es von wesentlicher Bedeutung, gerade in einer Phase relativer Unsicherheit und gegenläufiger Entwicklungen – schwache Konjunkturdaten, teilweise gute Unternehmens-ergebnisse und extrem hohen Aktienbewertungen – eine klare Marktmeinung zu haben, die auf unabhängigem Research basiert, das stetig weiterentwickelt wird. So sind teilweise außergewöhnliche Entwicklungen möglich. Basierend auf unserem unabhängigen Schön & Co Research haben wir in der letzten Woche die Aktie des Stahlhandelsunternehmens Klöckner & Co gekauft und innerhalb von wenigen Stunden mehr als 14% Gewinn realisiert. Dies trägt zu der weiterhin sehr erfreulichen Entwicklung der Schön & Co Mandate auch in diesem Jahr bei, obwohl wir nun die Aktienquoten etwas reduzieren. Schließlich sorgen neben den teilweise umfänglichen Corona-Restriktionen in Europa die damit teilweise verbundenen Grenzkontrollen und die schlechte Stimmungslage für eine sich abschwächende Konjunkturerwartung. Es scheint sich unsere Erwartung zu bestätigen, dass eine schnelle Erholung unwahrscheinlicher wird.

 

Dies unterstützt die Bewegung in immer risikoreichere Anlagen. Nach dem US-Technologiesektor, der nicht mehr so dynamisch wie noch im letzten Jahr steigt, sind dies derzeit vor allem Krypto-Währungen. Nachdem der Tesla-Gründer Elon Musk angekündigt hat, 1% der sich gerade über eine Kapitalerhöhung verschaffte Liquidität in Bitcoin anlegen zu wollen, erreichte der Bitcoin-Kurs ein neues Allzeithoch. Der Tesla-Aktie tat dies nicht gut. Den Anlegern wird es egal sein, dass Musk mit dem Geld anderer Leute spekuliert, aber die Sinnhaftigkeit seiner Idee, die Autokäufe zukünftig auch in Bitcoin zu ermöglichen, erschließt sich nicht. Neben dem Schwankungsrisiko wird vor allem der Energieverbrauch zur Gewinnung der Bitcoin kritisch gesehen. Der Energiebedarf der Kryptowährung entspricht dem Energieverbrauch Norwegens und wird weitgehend durch fossile Brennstoffe bedient. Für einen – trotz desaströser Ökobilanz von Elektrofahrzeugen – selbsternannten Weltverbesserer passt diese Entscheidung nicht, sondern könnte sich am Ende als persönliche Gewinnmaximierung des Tesla-Gründers herausstellen.

 

Dennoch sticht die Entwicklung des Bitcoin hervor und stellt die Gewinne anderer Währungen gegenüber dem Euro in den Schatten. Mit Ausnahme des US-Dollar konnten alle Währungen leicht gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung hinzu-gewinnen. Hier verbinden sich die Schwäche der EU und damit der Eurozone insbesondere hinsichtlich der Pandemie-Bekämpfung mit den steigenden Rohstoffpreisen, von denen insbesondere die rohstoffnahen Währungen profitieren. Die stärksten Gewinne der von uns im Schön & Co analysierten Währungen verzeichnete der Russische Rubel, der vom weiteren Anstieg des Ölpreises profitierte. Überraschend nehmen die Märkte nur die Kürzungen der OPEC wahr, während die US-Unternehmen immer neue Bohrlöcher wieder öffnen und so eine Flutung der Märkte droht. Diese Gefahr besteht insbesondere, wenn die wirtschaftliche Erholung weiter an Dynamik verliert. Im Moment wird sehr viel von China getragen, dessen wirtschaftliche Erholung für knappe Stahlmengen, hohe Nachfrage nach Datenchips und steigende Rohstoffpreise sorgt. Dies kann sich aber wieder abschwächen. Deswegen sollte man auch hier vorsichtig agieren.

 

Der Text ist unser sonntäglich erscheinendes Schön&Co-Marktupdate, für das Sie sich unter info@schoenco.de jederzeit kostenlos und unverbindlich anmelden können.