Trumps langer Schatten bleibt

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Marktupdate 03/2021

Markus Schön, Dienstag 26. Januar 2021

 

So spektakulär wie Donald Trump vor vier Jahren in das Weiße Haus einzog und eine Präsidentschaft der „alternativen Fakten“ prägte, so leise war sein Abschied. Die sozialen Medien hatten ihm sein Sprachrohr entzogen und so war es der Abschied eines Politikers, der an der Corona-Pandemie krachend gescheitert ist. Er hat diese Krise unterschätzt und dann einfach schlecht agiert. Es ist umso verwunderlicher, weil Trump den wirtschaftlichen Erfolg der USA als Messgröße seiner Politik definiert hatte. Immer neue Negativrekorde bei Infektionen und in der Folge eine hohe Sterblichkeit belasteten nicht nur die US-Gesellschaft, sondern auch die dortige Wirtschaft. Antworten lieferte Trump in der gesamten Zeit nicht, aber auch der neue US-Präsident Joe Biden sucht hier noch Orientierung. Er hat die Maskenpflicht in allen Bereichen verschärft, aber pumpt neues Geld in die Wirtschaft, um diese zu stützen. Wenn diese Hilfen tatsächlich schnell zur Verfügung stehen und ausgegeben werden, fließt das Geld entweder an Internetkonzerne oder erhöhen das Infektionsrisiko in den USA weiter. Von Kontaktbeschränkungen in der Breite wie in Europa sind weite Teile der USA weit entfernt, obwohl dort nicht wenige Krankenhäuser an der Belastungsgrenze arbeiten. Eine solche restriktive Corona-Politik zeigt aber gerade in Europa und Deutschland die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Statt einer kurzen Boom-Phase mit Wachstumsraten von mehr als 5% in diesem Jahr erwartet man immer mehr ein ordentliches Wachstum von beispielsweise 3% in Deutschland. Nach dem Einbruch im letzten Jahr ist dies eine enttäuschende Erholung, die dazu beitragen wird, dass Deutschland eher Ende 2022 die Krise wirtschaftlich überwunden haben wird. Für Südeuropa und in Teilen auch Osteuropa wird dies noch wesentlich länger dauern.

 

Schließlich führt die Einstufung von Staaten wie Portugal oder Spanien als Hochrisiko-Regionen zu Restriktionen bei der Einreise und wird nicht ohne negative Folgen für den Warenverkehr bleiben. Hier ist das „Schadenspotential“ noch größer, wenn es wieder zu umfassenden Grenzkontrollen in der EU – ähnlich zu den aktuell in Frankreich ergriffenen Maßnahmen – kommt. Derzeit erscheint dies wahrscheinlich, weil die Sorge von den Corona-Virus-Mutationen so stark ausgeprägt ist. Diese werden – auch durch die geringen Schutzmaßnahmen – die USA wiederum besonders heftig treffen. Deswegen setzt man dort viel mehr auf die Impfmaßnahmen und wird auch unter Joe Biden nach dem Trump-Motto „America first“ agieren. Inwieweit dies auch geldpolitisch gilt, bleibt abzuwarten. Die designierte US-Finanzministerin Janet Yellen hat sich kritisch zu einer aktiven Schwächung des US-Dollars positioniert. Gleichzeitig hat sie aber auf die hohe Verschuldung der USA hingewiesen. Dies kann man als Hinweis an ihre Nachfolger bei der US-Notenbank verstehen, die expansive Geldpolitik fortzuführen. Schließlich ist die Rendite für zehn Jahre laufende US-Staatsanleihen inzwischen wieder auf 1,15% p. a. gestiegen. Vom Zinstief im letzten Jahr ist es ein Anstieg um mehr als 50% und hat nicht nur den Anlegern spürbare Verluste gebracht, sondern verteuert die Refinanzierung der USA direkt im Milliardenbereich. Umso spannender war die Positionierung der EZB am letzten Donnerstag, die aber keine neuen Entscheidungen getroffen hat. Vielmehr setzt sie den bekannt expansiven Kurs fort und ist bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, wenn es wirtschaftlich geboten wäre. Unter Inflationsgesichtspunkten hat die Notenbank derzeit viel Spielraum: Sowohl im Euroraum wie auch in Deutschland lag die Geldentwertung im Dezember 2020 bei -0,3% im Vergleich zum Vorjahr. Auf Sicht des Gesamtjahres 2020 war die deutsche Inflationsrate knapp positiv. Die Geldentwertung betrug 2020 noch 0,5%. Schwächer war der Preisanstieg zuletzt im Jahr 2009. Damals war in Folge der Finanzkrise die Inflationsrate auf 0,3% gefallen. Solche Werte scheinen Marktteilnehmer zu bestätigen, die davon ausgehen, dass die Corona-Pandemie wirtschaftlich nicht so schlimm wie erwartet ist. Nach unserer Einschätzung ist das zu kurz gedacht. Die positiven Entwicklungen resultieren vor allem aus dem Export nach Asien und insbesondere China. Das Ursprungsland der Corona-Pandemie zählt zu den wirtschaftlichen Gewinnern. Mit einem Wachstum im Jahr 2020 hat es den Abschwung in einigen anderen Staaten deutlich gedämpft. Aber die aktuellen Entwicklungen lassen Zweifel aufkommen, ob dies von Dauer sein kann. Neben den volkswirtschaftlichen Risiken in den USA und Europa explodieren aktuell die Container-Preise, so dass der internationale Warentransport deutlich teurer wird. Zusammen mit teilweisen Lieferengpässen – vor allem im IT-Bereich – kann so eine kurze, aber überraschende Preisexplosion entstehen, aber vor würde eine daraus folgende Angebotsverknappung die Konjunktur nachhaltig bremsen.

 

Darauf kann die Politik kaum reagieren. Wenn es an Nachfrage fehlt, können Konjunkturprogramme Anreize setzen. Ist das Angebot begrenzt, kann man über höhere Preise Umverteilungen erreichen. Das Angebot wird aber zumindest nicht unmittelbar größer. Diese Erfahrung macht nun auch der Bundesgesundheits-minister Jens Spahn, der für wöchentliche Impfzahlen verantwortlich ist, die Großbritannien an einem Tag und Israel vermutlich in einer Stunde erreicht. Dies ist ein schwaches Ergebnis, aber solange nicht klar ist, ob eine Corona-Impfung auch andere schützt, entsteht so kein Gefühl einer falschen Sicherheit. Dennoch verlässt sich die Politik stark auf schnelle positive wirtschaftliche Effekte der Impfstoffe. Dies wird aber länger als erwartet dauern. Damit bleibt die Erholung hinter den Erwartungen zurück und wieder sollen die Notenbanken helfen. Allerdings lässt der Glaube an dieses Instrumentarium nach. Weltweit steigen die Renditen – auch erstklassiger Anleihen – trotz einer nie dagewesenen geldpolitischen Unterstützung.

 

Schließlich müssen die im Zuge der Corona-Krise aufgenommenen Verbindlichkeiten irgendwann zurückgezahlt werden. Diese Maßnahmen kamen in eine Phase, in der viele Staaten und einige Unternehmen schon überschuldet waren. Gleichzeitig steigt die Unsicherheit, dass die wirtschaftliche Erholung tatsächlich so schnell geht. In einigen Regionen Europas brechen die Immobilien-preise bereits ein. In vielen Regionen sind schlechte und mittlere Immobilien nur noch schwierig zu veräußern. Dies nährt die Hoffnung, dass sich am Ende Qualität durchsetzt. Deswegen ist die Korrektur bei Immobilienaktien nicht nur richtig, sondern schon lange überfällig. Ähnliches gilt auch für viele Technologiewerte, die in den letzten Wochen ohnehin eher eine Seitwärtsbewegung aufweisen. Hier werden die anstehenden Unternehmensberichte interessant. Wir rechnen mit guten, aber eben nicht mehr mit beeindruckenden Zahlen, so dass damit ein Belastungsfaktor an den internationalen Aktienmärkten verbunden sein könnte. Derzeit erlebt man eher ein abwartendes Marktumfeld.

 

Schließlich ist die Ungewissheit groß. Die dynamische Erholung erwartet derzeit niemand. Vielmehr ist die wahrscheinlichere Entwicklung eine langsamere Aufwärtsbewegung, so dass gerade auf der Aktienseite die Erwartungen übertrieben sein könnten. Dies könnte auch die rohstoffnahen Währungen beeinflussen, weil ein weniger starker Anstieg der Nachfrage nach Energie- und Industrierohstoffen die dortigen Volkswirtschaften belasten könnte. Während dies beim Australischen Dollar und der Norwegischen Krone in der hinter uns liegenden Handelswoche nicht festzustellen war, gab es beim Mexikanischen Peso und Russischen Rubel deutliche Verluste. Diese haben jedoch eher politische Gründe. So ist in Mexiko die Erleichterung über den Wahlsieg Joe Bidens verflogen, gleichzeitig leidet das Land stark unter der Corona-Pandemie und ist mit einer Flüchtlingskrise aus Mittel- und Südamerika konfrontiert, die es ohne die Hilfe der USA nur schwierig meistern kann. Noch stärker politisch begründet ist die Entwicklung in Russland. Dort hat die „Schnell-Verurteilung“ des Kreml-Kritiker Nawalny für landesweite Proteste gesorgt, die wiederum zur Verhaftung vieler Demonstranten führten. Während das letzte Jahrzehnt in Russland von einer relativen Zufriedenheit durch einen – auch in der Breite steigenden – Lebensstandard geprägt waren, kommen durch die Krise immer mehr Zweifel an der politischen Führung auf. Dies setzt Wladimir Putin unter Druck, der der Garant für eine stabile Entwicklung war.

 

Diese Stabilität wird an den Kapitalmärkten offensichtlich in Zweifel gezogen und führt zu einem fallenden Rubelkurs, obwohl sich die Industrierohstoffe in den letzten Tagen zwar seitwärts entwickelt haben, aber auf Jahressicht 2021 deutlich im Plus sind. Etwas anders sieht es bei den Edelmetallen aus. Gold und Silber hatten sich zwar in der hinter uns liegenden Handelswoche stark entwickelt, konnten aber ihre negative Entwicklung im Gesamtjahr noch nicht ausgleichen. Anders sieht es bei Platin aus, das auch auf Jahressicht inzwischen 4% im Plus ist. Durch die industrielle Verwendung sind wir hier – ebenso wie beim Silber – weiterhin optimistisch. Kritischer ist weiterhin Gold zu sehen, weil die „Legende“ vieler Anbieter, gerade physisches Gold sei kaum noch vorhanden, deutlich widerlegt ist. Von solchen Behauptungen ist der Weg zum Anlagebetrug nicht mehr weit, wie auch wieder der Fall von Dima24 zeigt. Viele tausend Anleger haben bis zu 2,3 Mrd. Euro verloren, obwohl die Unseriosität des Geschäftsmodells seit Jahren bekannt war. Deswegen sollten Anleger auf Anbieter setzen, die nur das anbieten, was transparent und verständlich ist.

 

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